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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Bundesregierung_aendert_Klimakonzept_1313325.html

24.09.2010

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Keine Zwangs-Wärmedämmung

Bundesregierung ändert Klimakonzept


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Es war gestern eine relativ kleine Meldung. Manche Zeitungen brachten sie kurz auf der Titelseite – und erläuterten sie dann im Wirtschaftsteil. Dort wurde sie vor allem unter dem Aspekt der Belastungen für Hausbesitzer (und Mieter!) diskutiert. Doch eigentlich hätte sie ins Feuilleton gehört – wegen ihrer ungeheuren Bedeutung für das Gesicht unserer Städte und Landschaften.

Die Rede ist von einem neuen Entwurf für das Energiekonzept der Bundesregierung. Entgegen einer bisher verbreiteten Version soll es nun doch keinen Zwang für Hausbesitzer geben, ihre Bestandsgebäude bis zu einem bestimmten Stichtermin – die Rede war von 2050 – auf „Nullemissionsniveau“ zu bringen. Nach dem neuen Entwurf soll es dafür lediglich finanzielle Anreize, aber keine Verpflichtung geben. Unter anderem ist von einer Abrissprämie die Rede, die an Hausbesitzer gezahlt werden soll, die ein nicht sanierungsfähiges Haus abreißen und durch einen Neubau mit heutigen energetischen Werten ersetzen.

Warum ist der Verzicht auf eine zwangsweise Sanierung so wichtig? Eine solche Regel hätte bedeutet, dass nahezu jedes Bestandsgebäude, das älter als 20 Jahre ist, hätte verändert werden müssen. Denn die geforderten energetischen Eigenschaften lassen sich nur erzielen, wenn die Häuser in massiver Form wärmegedämmt werden. Eine solche Wärmedämmung ist aber aus prinzipiellen bauphysikalischen Gründen – Stichwort: Taupunktbildung – nur an der Außenseite eines Gebäudes sinnvoll. Somit würde die Dämmung deutlich sichtbar in das Fassadenbild eines Gebäudes eingreifen. Was bei schlichten Fünfziger-Jahre-Gebäuden mit Putzfassaden kaum auffallen dürfte, bedeutete bei anderen Gebäuden schlichtweg ihre totale gestalterische Entwertung. Was macht man mit historischen Fachwerkstädtchen? Was macht man mit Gründerzeitfassaden in ihrer Stuckpracht? Was macht man mit fein durchgestalteten Klinkerfassaden der zwanziger Jahre?

Die Entwicklungen der letzten Jahre lassen hier nichts Gutes erwarten. In Hamburg werden an Klinkerfassaden aus der Fritz-Schumacher-Ära industriell gefertigte Fassaden-Dämmplatten aufgebracht, deren äußerste Schicht aus der Nachahmung von Klinkerverbänden besteht … hauchdünn, versteht sich. Diese merkwürdigen Fassadentapeten suggerieren massives Mauerwerk, wo tatsächlich Styropor drin ist. Und an allen Eckpunkten, an jeder Fensterlaibung entlarvt sich die Schummelei. Solche Systeme können nicht anders als mit dem Begriff „pervers“ bezeichnet werden.

Es gibt Architekten, die in der bislang geplanten Zwangssanierung schon eine dritte Welle der Zerstörung unserer Städte – nach Krieg und den Flächenabrissen der Nachkriegszeit – heraufziehen sehen: durch flächendeckende Wärmedämmung. Auf dem Düsseldorfer „Schönheits“-Kongress wurde Derartiges geäußert. Selbst wenn man die Sache etwas weniger drastisch beurteilt, bleibt am Schluss große Erleichterung, dass zumindest der Zwang zu derartigen Sanierungen vom Tisch ist. Konzentrieren wir uns jetzt darauf, wie energetische Sanierungen durchgeführt werden können, ohne unseren Gebäudebestand architektonisch zu beschädigen. Hier kann und muss die Architektur tatsächlich zu einer forschenden und erfindenden Disziplin werden.

Benedikt Hotze


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

17

dethomas | 30.09.2010 22:21 Uhr

blind...

...ist, wer glaubt das es sich bei diesen beiden eingangssituationen um die selbe handelt!

ich meine, der alte gebäudebestand sollte nicht gedämmt werden, lieber fleißig weiter heizenergie vergeuden als "städte zerstören" - warum nur immer dieses energiesparen?....

16

cap | 28.09.2010 21:21 Uhr

!Jetzt Abrißprämie!

Die Bundesregierung hat die ersten Meldungen entschärft, man darf gespannt sein was bis 2050 von den Zielen übrig bleibt. Es gibt doch zunächst die zwei Möglichkeiten: wir pflastern alles mit Kollektoren, stellen an jede Ecke ein Windrad und bohren überall Löcher für die Geothermie. Dann gibt es genug erneuerbare Energie und der Gebäudebestand könnte bleiben wie er ist. Oder wir dämmen alles über und brauchen dadurch keine Heizenergie mehr- was macht Sinn, was ist schöner? Weder das eine noch das andere. Auch die Mischung läßt sich nicht darstellen- soviel dämmen wie möglich und sowenig Technik wie nötig, weil es hier um infrastrukturelle Dimensionen geht wie etwa der Autobahnbau oder ICE-Bahnstrecken. Die machen nur Sinn, wenn sie durchgängig vorhanden sind und nicht mit Versatzstücken unterbrochen werden. Die Leitungsnetze der Zukunft liegen weit außerhalb der Landesgrenzen.

Eine sinnvollere und ästhetischere Lösung sähe danach so aus, daß nur noch denkmalwürdige Häuser bewahrt werden (mit Innendämmung) und der Rest den Wirtschaftlichkeitsberechnungen anheim gestellt wird (einschließlich Ökobilanz) - d. h. ggfs. aber zügig abgerissen wird. In den meisten Fällen sind dies 50er bis 70er Jahre Gebäude, deren Erscheinungsbild mit oder ohne zusätzlicher Dämmung dürftig und austauschbar ist, Modernisierungskosten die Neubaukosten erreichen und städtebauliche Mängel aufweisen. Den Fassaden, welche auf der Grundstücksgrenze stehen, kann man nicht 30 cm Dämmung drauf packen. Abriß hat mit dritter Stadtzerstörung nichts zu tun. Im Gegenteil: jeder lebende Organismus erneuert sich ständig- nicht aus ästhetischen Gründen, sondern aus einer inneren Notwenigkeit.

15

solong | 28.09.2010 08:32 Uhr

... hinsehen ...

neben den ganzen "kleinkrieg" um dämmen oder nicht ... hinsehen ... die letzten paar generationen haben in 50 jahren beispiellos die resourcen dieses planeten geplündert ... und nun sind die fossilen brennstoffe bald aufgebraucht ... und gigantische mengen an darin gebundenen kohlenstoffen wieder freigesetzt ... und das klimaergebnis kommt ... egal wie sehr einige es negieren ... also hinschauen ... wir haben gar keine wahl !! ... und ein paar neue super energieeffiziente gebäude bringen außer prestige da garnichts ... weil auch diese zusätzlich zum bestand energie verbrauchen ... und jeder der mal in einem un zureichend gedämmten altbau gelebt hat weis die annehmlichkeiten eines gut gedämmten gebäudes durchaus zu schätzen !! ... wenn diese sanierungen so aussehen wie auf den vergleichsfotos ist das natürlich schlimm ... das problem liegt mal wieder darin das ja eigentlich jeder bauen kann !!! und das auch tut ... hier ist eine viel stärke lobbyarbeit der planer notwendig um den leuten vor augen zu führen das das nicht gut ist ....

14

Hinseher | 27.09.2010 16:33 Uhr

Der Schein trügt....typisch Reporter

sehe ich richtig, dass neben der Wärmedämmung im "nachher Bild" auch die Hausnummer geändert wurde??? oder ist hier jemandem ein Gag gelungen??? oder ohne hinzugucken dem Irrtum aufgesessen??????
Natürlich könnte so die Zukunft aussehen aber, keine Panik, eigentlich sieht es doch noch recht hübsch aus. Wenn es so ausgeht könnten wir doch zufrieden sein

13

Anna Lütisch | 27.09.2010 16:30 Uhr

Suche nach Alternativen

Bleibt neugierig!

12

Energieminderer | 27.09.2010 15:58 Uhr

Unsinn Fassadendämmung

Wenn nur ein wenig über den Einsatz der so einzusparenden Energie nachgedacht würde um den Bau von Ruinen zu verhindern, käme jeder darauf das die einfache Handhabung bereits erprobter Möglichkeiten zur Energieeinsparung den gleichen Effekt haben. Brennwerttechnik, Abwasser-Restwärmenutzung durch Wärmetauscher, Fensterwechsel bis zur Grenze der bauphysikalischen Möglichkeiten und ein wenig Dämmung der Kellergeschosse, Tordurchfahrten in Mehrfamilienhäuser, Dachdämmung von innen, Klimaverglasung in Treppenhäusern, Kerndämmung der Hohlwandschichten und Erdgas erwärmte Wasserzuführung bei Haushaltsgeräten (übrigens 4Ct statt 17 Ct) ....... selbst diese kleinen Maßnahmen sind in Neubauten heute nicht gängig. Allein die Gerüstkosten von einem Einfamilienhaus zur nachträglichen Wärmedämmung verschlingen die Heizenergie von 4-5 Jahre des selben, wärend drinnen wohlmöglich weiter mit der 15 Jahre alten Nachtspeicherheizung geheizt wird, und den Gerüstpreis erst nach 10-15 Jahren rein holt.
Der Verbraucher weiß eh nicht mehr wem er glauben soll, wenn die Dämmfassade als das TOP-Angebot zur Energieeinsparung empfohlen wird. Beratung tut Not und Innendämmung (s.a. dynamische Feuchtesimulation) muss von einem Fachmann vor Ort am Objekt beraten werden, und der macht es auch nicht umsonst. Also liebe Architekten, nehmt eure euch auferlegte Aufgabe wahr und beratet statt Industrieprodukte zu verkaufen.

11

auch ein | 27.09.2010 15:07 Uhr

architekt

DIESES thema wäre doch mal etwas für unsere kammern als interessenvertreter:

nicht nur über die schreckliche ausssendämmung motzen sondern lösungen mit auf den weg zu bringen !

für was gibt es für professoren "forschungssemester", warum findet man keine alternativen ?

krasse fotobeispiele sind lustig, den otto-normalverbraucher und häuslebaur interesiert das NULL.

und eine energetische aufwertung kann ja nur aller ziel sein.

also: auf zur lobbyarbeit, die dämmungshersteller waren offensichtlich in der ersten runde aktiver als die gestalter und "experten"

10

martin s | 27.09.2010 14:57 Uhr

Keine Sorge....

....Liebe Dämmungs-Fetischisten, die Baustoff-Lobby wird schon bald wieder angreifen und schwups! ist das neue Gesetzchen da....erste Gespräche laufen schon auf diversen Golfplätzen....

9

gustav | 26.09.2010 18:29 Uhr

dämmung-fassade

all diese probleme liessen sich durch eine- an suffizienz orientierte lebensweise- zumindest
verringern... aber wir reden nur von effizienz...

8

Conny | 25.09.2010 13:41 Uhr

Schade

Schade...das wird die Dämmungsfabrikanten aber in Afruhr versetzen, was da jetzt an sichergeglaubten Geld verloren geht!

7

Benedikt Hotze | Redaktion BauNetz | 24.09.2010 21:52 Uhr

Innendämmung

Ich bin sehr dankbar für die Hinweise auf heutige Möglichkeiten der Innendämmung – und gestehe Ihnen da gern die höhere Kompetenz zu.

Ich habe halt im 1. Semester in Bauphysik eingebimst bekommen, dass eine Innendämmung in der Regel dazu führt, dass der Taupunkt in der Dämmung liegt – und dass dieses unbedingt vermieden werden muss, damit die Dämmung nicht durchfeuchtet wird.

So etwa. Ich gebe aber gern zu, dass das schon ein paar Semester her ist ;-)

6

einhamburgerjung | 24.09.2010 20:53 Uhr

Dritte Zerstörung unserer Städte

Sehr geehrter Herr Hotze,

ich stimme Ihnen sofort bei, dass die Dämmmaßnahmen der zwanziger Jahre Siedlungen in Hamburg zum Teil zum heulen sind, trotzdem bedaure ich die Klimapolitik der Regierung Merkel-Westerwelle.
An vielen Stellen ist eine Dämmung der Kellerdecke oder der Dachstühle oder auch der Rückfassaden ohne gestalterische Einbußen möglich und nun werden die Klimaziele wieder heruntergeschraubt und nur noch das getan, was sich rechnet. Ich erlebe tagtäglich wie sich Hausbesitzer gegen Sanierungen entscheiden weil die Mieter ja die Heizkosten tragen... Was bringen uns stilechte Fassaden wenn wir in Hamburg in 15 Jahren mit Ihnen absaufen?

Es gilt mehr Druck auszuüben und gestalterisch sinnvolle Lösungen zu finden. Neben den Gründerzeit-Vorderfassaden und den zwanziger-Jahre Siedlungen gibt es so viel banales, was mit einer durchdachten Lösung sogar schöner werden kann!

5

Prof. Dipl.-Ing. Architekt BDAJasper Herrmann | 24.09.2010 19:47 Uhr

Taupunkt

Lieber Benedict Hotze,
Ich achte Ihre Kommentare bezüglich Architektur i.A. sehr hoch! Was jedoch Taupunkt und Außenwärmedämmung in der von Ihnen behaupteten Ausschließlichkeit zu tun hat, ist aus bauphysikalischen Gründen nicht nachvollziehbar/ bzw. einfach falsch.
Mit freundlichen Grüßen

Jasper Herrmann
Prof. Dipl.-Ing. Architekt BDA
Prof. für Baukonstruktion im Bestand
Estebrügger Str. 85
21 635 Jork-Estebrügge
Tel. 04162/ 2456299
Tel. mob. 0178/280 43 69
e-mail: jasper-herrmann@t-online.de
www.jasper-herrmann.de

4

Andreas Sedler | 24.09.2010 18:45 Uhr

Keine Zwangs-Wärmedämmung

Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass Wärmedämmung nur auf der Außenseite funktioniert! Viele Fachwerkhäuser, Gründerzeit-, Klinker- und Sichtbetonfassaden wurden bereits erfolgreich auf der Innenseite gedämmt. In vielen Fällen ist das sogar günstiger und sinnvoller. Auch historisch ist die Innendämmung durchaus bekannt. In der Schweiz werden darüber hinaus auch sehr viele Neubauten von innen gedämmt. Wie immer kommt es nur auf die richtigen Details und die richtige Materialwahl an. Bauphysikalische Probleme gibt es dann nicht.

3

Lamaa | 24.09.2010 18:41 Uhr

Gesetzeswut in Deutschland

An diesem Artikel sieht man sehr schön, dass Gesetzte meist von "wichtigen" Leuten gemacht werden, die keine Ahnung ( z.B. von Denkmalpflege ) haben.
Auch wenn es Gesetz ist, muss es noch lange nicht richtig sein.
Kämpft gegen die Gesetzteswut in Deutschland an.
Ob der Hausbesitzer sein Häuschen dämmt oder nicht, sollte Ihm überlassen werden.
Wie das eigene Vermögen in die Wirtschaft investiert wird, sollte jeder selber entscheiden.
3 Urlaube im Jahr oder Spazierfahrten mit dem Auto am Wochenende sind genau so schädlich und belasten die Umwelt, wie hohe Heizkosten.

Die schönen alten Backsteinfassaden in Deutschland möchte ich nicht missen wollen!!!

Wenn etwas geregelt werden sollte, dann sind es Aufstellorte von Solaranlagen. Die Dachlandschaften auf dem Lande sehen zum Teil völlig zerstückelt ( wie Kraut und Rüben) aus.

2

kritiker | 24.09.2010 16:07 Uhr

Danke..

..für diesen Kommentar.
Die Fotos sagen alles.
In wenigen Jahren schon werden wir uns wegen der zahlreichen Bauschäden und der entstellten Bausubstanz fragen, welchem Irrsinn wir verfallen waren.
Dagegen sind die Bausünden der 70er harmlos.

1

Sternagel | 24.09.2010 15:52 Uhr

Beitrag Herr Hotze

Sehr geehrter Herr Hotze,
Sie sollten sich über Innendämmung informieren , bevor Sie soetwas schreiben.
Stichwort dynamische Feuchtesimulation.
viele Grüße Thomas Sternagel

 
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