Am 28. September 2000 wird das Gebäude des Bundesrats in Berlin feierlich eröffnet; am folgenden Tag findet dort die erste Plenarsitzung statt. Am 21. September hatte die Presse im Rahmen einer Vorbesichtigung die Gelegenheit, das vollständig umgebaute Haus an der Leipziger Straße im Bezirk Mitte zu besichtigen.
Der 1899-1904 vom Architekten Friedrich Schultze-Colditz als Preußisches Herrenhaus errichtete Neobarock-Bau diente nach Kriegszerstörung und einem nur teilweise durchgeführten Wiederaufbau zu DDR-Zeiten der damaligen Akademie der Wissenschaften. 1996 wurde entschieden, das Gebäude als Plenargebäude des Bundesrats wiederherzustellen. Die Entwürfe stammen von den Architekten Schweger und Partner mit Hauptsitz in Hamburg.
Nach dem nun vollendeten Umbau ist das Gebäude außen weitgehend dem Originalzustand verpflichtet, während im Inneren ein sorgfältig ausgepegeltes Nebeneinander von ausgesuchten alten Bauteilen und einer modernen Formensprache erreicht wurde.
Das Gebäude empfängt den Besucher über einen Ehrenhof „festlich“, wie Florian Mausbauch, Präsident des Bundesbauamtes, vor der Presse ausführte. Der Ehrenhof wurde von Gustav Lange, Kassel, landschaftsarchitektonisch gestaltet. Die an mehreren Stellen über dem Traufgesims postierten Skulpturen stammen von dem Künstler Per Kirkeby.
Im Inneren ist die historische Abfolge Eingangshalle - Wandelhalle - Plenarsaal wieder räumlich erlebbar gemacht worden, nachdem hier zu DDR-Zeiten Zwischendecken eingezogen gewesen waren. In der Wandelhalle ist ein Rauminstallation „Drei Grazien“ der Künstlerin Rebecca Horn angebracht worden, die aus drei fast senkrecht hängenden Stangen besteht, die motorisch - von einem Zufallsgenerator gesteuert - bewegt werden können.
Die Kunstprojekte am und im Bau sind aus einem Wettbewerb hervorgegangen.
Der Plenarsaal selbst wird durch eine aufwändige Lichtdecke und durch seine allseitigen Wandverkleidungen aus hellem Birkenholz geprägt.
Der 200 Millionen Mark teure Umbau ist unter Einhaltung des Zeit- und Kostenrahmens realisiert worden. Er bildet nach Ansicht von Florian Mausbach durch seine stadtgeografische Lage einen bedeutenden Markierungs- und Endpunkt der neuen politischen Meile Ebertstraße, die dabei sei, die frühere Rolle der Wilhelmstraße zu übernehmen.
Ein Blick in die Eingangshalle, in die Wandelhalle und in den Plenarsaal sind als weitere Zoom-BIlder hinterlegt (Quelle: Architekten Schweger + Partner / Fotograf: Bernhard Kroll).
Lesen Sie hierzu auch die BauNetz-Meldung aus Anlass der Richtfests vom 25.6.1999.
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Anreas Behrens | 31.07.2024 17:32 UhrWandelhalle, die drei Grazien von Rebecca Horn
Zur Installation die drei Grazien von Rebecca Horn im Bundesrat. Lange schon versuche ich die "Drei Grazien" kulturgeschichtlich zu interpretieren. Und es gibt eine einzige Interpretation der Möglichkeiten. Die drei Grazien sind jugendliche Allegorien der Aspekte zur Renaissancezeit. Entwickelt wurden sie von innerhalb der Antike. Die Griechen haben sie entwickelt. Aspekte zeichnen sich durch Elemente aus, wie Feuer, Erde und Luft, sowie Wasser. Im Sternenglauben sind diese Figuren als begrenzte Strecken durch Winkel von 120° (Feuer), 90° (Erde und Luft) und 60° (Wasser) gekennzeichnet. Die Begrenzer sind die damals gedachten sieben Planetengottheiten. In den platonischen Körper beginnt ihr Ursprung. Ptolemäus hatte diese vier Körper in der Mitte geschnitten und sie quasi als Ekliptik um die Erde gelegt. In alten Kalendern tauchen die Aspekte der Grazien als gleichschenkliges Dreieck (Triangel für das Element Feuer) und Quadrat (Quadrate für die Elemente Erde und Luft) und das Sechseck (Sextil für das Element Wasser) auf. Da der geozentrische Abstand der Planeten von der Erde aus mit Mond, Merkur, Venus und Sol (die jugendlichen Planeten) und Mars, Jupiter und Saturn (die alten Planeten) definiert wurde, gelten diese Planeten als die Begrenzer der Aspekte, bzw. der Grazien. Die Welt galt damals als Vorbestimmt und die Grazien galten als ein wichtiger Bestandteil der Astrologie. So sind die Grazien in ihren Elementen zuhause. Erst als die vier Elemente aufhörten zu existieren, verschwanden die drei Grazien. Heute sind sie ein Mythos geworden, und Rebecca Horn kam diesem Mythos sehr nahe.