Gerne schauen wir auf das Baugeschehen in fremden Ländern, lassen uns die fernen Namen auf der Zunge zergehen und träumen von exotischem Urlaub an weißen Stränden. Besonders wenn uns die Realität des Berliner Winters bereits fest im Griff hat. Die zwei Bürotürme, entworfen vom brasilianischen Büro mit dem wunderbaren Namen Königsberger Vannucchi Architects, holen uns allerdings relativ schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Keine Spur von exotischem Einfluss findet sich an den harschen Fassaden, die ganz offensichtlich Bezug nehmen zu der brasilianischen Moderne der 1950er- und 1960er-Jahre. Sie nehmen aber auch selbstbewusst Bezug zu den hohen Betonburgen des sozialen Wohnungsbaus, von denen die direkte Umgebung dominiert wird. Die weißen, horizontalen Brüstungen entpuppen sich beim Näherkommen (und Hinaufblicken) als schlicht verlängerte Blenden, die Balkone dahinter sind immer noch einzeln.
„Diese Gestaltung beruht auf dem Glauben, dass sich gute Architektur durch Schönheit und die Harmonie ihrer Formen auszudrücken vermag, nicht durch die Verwendung scheinbar anspruchsvoller Materialien, die jedoch selten etwas zu der Qualität der Gestaltung, jedoch immer zu den Kosten des Projekts entscheidend beitragen“, so die Architekten.
Städtebaulich stehen die Türme an einem herausragenden Punkt der Stadt, hier kreuzen sich die berühmte Avenida Paulista mit der großen Avenida Vergueiro und der Vinte e Tres de Maio. Durch die leicht über den Straßen erhöhte Lage ergab sich die Chance, dem Stadtbild ein landmark hinzuzufügen. Als offenbar gute Idee erwies sich das Teilen der Baumasse in zwei Türme, die auf dem schmalen Grundstück leicht gegen einander versetzt stehen. Dieser Versprung der beiden Volumen sowie die scheinbar zufällige Verteilung von Balkonen und Einschnitten in den Gebäuden erzeugen ein vielfältiges Spiel der Formen miteinander – insbesondere durch die entstehenden Lichter und Schatten in der Tiefe der Fassade. Von Norden wirken die Türme wie ein Gebäude, von Süden her erscheint der Abstand zwischen ihnen größer. „Das Resultat wirkt sehr komplex, es entstand aber in Wahrheit aus Entwurfsprinzipien von rigoroser Simplizität.“
Vom Gebäude aus bieten sich hingegen weite Ausblicke über die Stadt bis zum Stadtzentrum in die eine und bis zum Ibirapuera-Park in die andere Richtung. Daher auch die für ein Bürogebäude sicher eher ungewöhnliche Verwendung von Balkonen.
Zum Thema:
Fotografie: Leonardo Finotti , Lissabon
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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kde | 21.11.2008 10:48 Uhrgut,
daß hier immer wieder leute posten, die ort und situation im land kennen! zumeist werden hier nur (deutsche) meinungen kundgetan, ohne lokales verständnis. woanders ist vieles anders .....