20 Jahre hat man in Herzogenaurach geplant und gebaut, endlich ist der Adidas-Campus World of Sports fertig – heißt es zumindest offiziell: Das am letzten Freitag eröffnete Bürohaus Arena von Behnisch Architekten (Stuttgart) bildet den Haupteingang auf dem 59 Hektar großen Gelände, auf dem die Konzernzentrale des weltbekannten Sportartikelherstellers liegt. 2011 eröffnete hier beispielsweise das Forschungs- und Entwicklungszentrum Laces von kadawittfeldarchitektur (Aachen), 2015 wurden eine Parkgarage und eine Kindertagesstätte mit Fitnesscenter von agps (Zürich, Los Angeles) eingeweiht.
Circa 2.000 Arbeitsplätze entstanden in dem dynamisch aufgeständerten Haus von Behnisch Architekten, das auf einen Wettbewerbsgewinn im Jahr 2014 zurückgeht. Bei einem zweiten, parallel dazu entschiedenden Wettbewerb, erlangten Caramel Architekten (Wien) damals den zweiten Platz, sollten aber trotzdem ein innovatives Bürohaus auf dem Campus errichten – ob dieses jedoch gebaut wird, ist auch ein halbes Jahrzehnt nach dem Wettbewerbsgewinn noch völlig offen.
Die mit einer weißen Rautenstruktur verkleideten Obergeschosse der Arena und ihren Arbeitsplätzen sitzen über einem sockelartigen Erdgeschoss und einem weitgehend offen gehaltenen „Landschaftsgeschoss“, das über begrünte Rampen mit der umgebenden Landschaft verbunden ist und eine maximale Durchlässigkeit schaffen möchte. Unweigerlich denkt man an Le Corbusiers „Fünf Punkte zu einer neuen Architektur“ und an die dort geforderten Pilotis, auf denen die neuen Häuser der Moderne über der Landschaft schweben sollten. Zu dieser dynamisch reinterpretierten klassisch-modernen Geste passt auch die prominent inszenierte, blaue Tartanbahn auf dem Landschaftsgeschoss, die die Mitarbeiter zum Laufen einlädt. So tauchen Ideale der Avantgarde vom gesunden Leben im Grünen im zeitgenössischen Bürobau wieder auf.
Ermöglicht wird die leichte Geste des Hauses durch ein innovatives Stahltragwerk mit den Abmessungen 143 x 118 Metern, das als dreigeschossige Vierendeel-Konstruktion ausgeführt wurde und durch den Verzicht auf Diagonalen und aussteifende Wände eine maximale Flexibilität in den Bürogeschossen bietet. Das Stahltragwerk wird wiederum von einem „unregelmäßigen System aus 67 schrägen, V-förmig angeordneten Stahlverbundstützen in Dreier- und Vierergruppen mit dem Primär-Raster von 8,10 Metern“ getragen, erläutern die Architekten. Für ihre innovative Konstruktion wurde das Haus Anfang des Jahres bereits mit dem Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaus ausgezeichnet. Wichtig sind den Architekten auch die Sonnenschutzelmente. Man sieht es auf den Fotos nur schwer, doch die Elemente unterscheiden sich je nach Ausrichtung der Fassade: Süd- und Westseite haben die Verschattungselemente mit der tiefsten Auskragung, die Nordseite verfügt über die geringste Auskragung, die Ostseite liegt dazwischen.
Ungefähr gleichzeitig mit der Arena wurde auch das Restaurant- und Konferenzgebäude Halftime fertig, an dem COBE (Kopenhagen, Berlin) seit 2014 gearbeitet haben. Gemeinsam bilden die beiden Bauten in der Süderweiterung des Campus nun endlich einen repräsentativen Haupteingang zur Konzernzentrale, der bisher fehlte. Beide Bauten sind teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich. Ob die Arbeit am Campus damit aber tatsächlich abgeschlossen ist, darf man bei einem stetig wachsenden Großkonzern wie Adidas freilich bezweifeln. (gh)
Fotos: David Matthiessen
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STPH | 21.08.2019 07:21 UhrBild 1
gebaute Utopie
Maßstabsumkehr durch das Streckmetall macht alles zu deinem Umraum,
die Männchen unwirklich wie in einem Rendering. die schöne neue Welt über-fordert immer noch.
oder:
... du selbst als "Teil" endlosen Fügens,
je gegensätzlicher, um so inniger
Behnisch als organische Utopie