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30.11.2016

Risse im Beton

Bürohaus in Aarhus von SLETH


Risse im Beton! Einsturzgefahr, Abriss, Zerstörung? Was kann es bedeuten, wenn bei einem vermeintlich unverwüstlichen Baustoff Brüche entstehen? Was sollen diese Risse in der dicken Betonwand des jüngsten Projekts von SLETH – die Andeutung von Gefahr? Von Vergänglichkeit? Die krakeligen Öffnungen in dem grauen Massiv sind nur Schau. An einer Außenwand ihrer Heimatstadt Aarhus haben SLETH diese inszeniert. Als Bühnenbild, kann man sagen, vor dessen Kulisse sich ein altes Industriegelände zu einem Kultur- und Kreativviertel wandelt.

Aarhus ist Kulturhauptstadt Europas 2017, und das ehemalige Werksgebiet Godshavn wird zu einer der wichtigsten Spielstätten im kommenden Jahr. In Godshavns alten Lager- und Industriehallen haben sich in der letzten Zeit Galerien, Cafés, Ateliers oder kleine Kunsthandwerksbetriebe niedergelassen. Eine Erfolgsstory der postindustriellen Transformation, wie sie aus vielen europäischen Städten bekannt ist, vom stadtzugewandtem Vistula-Ufer in Warschau bis zu Zürich-West. SLETH haben mitten in dem Viertel ein Bürogebäude mit Gastronomie im Erdgeschoss errichtet, das nicht nur mit seiner inszenierten Betonwand, sondern in seiner gesamten, roh belassenen Gestaltung – von der vergitterten Außentreppe bis hin zur offenen Lüftungsanlage auf dem Dach – einer typischen Stilmelange aus vergangener Industriearchitektur und DIY-Ästhetik der jungen Kreativen entspricht.

SLETH entwarfen das Bürozentrum auf dem Fundament eines ehemaligen Industriebaus. 50 Meter lang und drei Etagen hoch ist es, mit einer Nutzfläche von 2.800 Quadratmetern. In den drei Obergeschossen sind Großraumbüros eingerichtet, die den Charakter von offenen Lofts haben und nichts mehr mit den kleinteiligen Umgebungen aus Zellen und Gängen früherer Jahrzehnte zu tun haben. Die Räume sind im Westen alle mit raumhohen Fenstern ausgestattet. Wände und Boden sind aus Beton. Alle Versorgungsstrukturen sind an der Ostseite angelegt, so dass die restliche Fläche möglichst flexibel bespielbar ist. Weite Treppen und Flure sollen als Begegnungsorte dienen.

Das Erdgeschoss ist außerdem als öffentlicher Raum gestaltet. Der ansonsten streng geschlossene Gebäuderiegel öffnet sich hier zur Umgebung: Die Betonwand ist ein Stück herausgeklappt, und die entstehende Freifläche wird zum einladenden Vordach. Die Verglasung an der Westwand ist nicht mehr matt beschichtet wie in den Obergeschossen, sondern transparent. Schließlich zieht sich eine breite Rampe von der Straße hoch zum ersten Obergeschoss, wo sie in eine offene Plattform mündet. SLETH arbeiten auch als Landschaftsarchitekten. Das wird hier, wo Vorplatz und Gebäude ineinander übergehen, besonders sichtbar. (sj)

Fotos: Rasmus Hjortshøj C O A S T



Zum Thema:

Mons war 2015 Kulturhauptstadt Europas. Die Baunetzwoche#406 zeigt, wie viel Architektur damals in der belgischen Stadt entstanden ist


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