Hafenentwicklung überall. Und natürlich ganz besonders in den Niederlanden, etwa in Amsterdam. Dort wird an der Transformation des Areals Minervahaven nordwestlich des Amsterdamer Hauptbahnhofs gearbeitet. Auf 150 Hektar Fläche sollen hier 11.500 Wohnungen und 250.000 Quadratmeter für andere Nutzungen entstehen. Sehr hohe Dichte und konsequente Funktionsmischung bei einem Wohnanteil von 80 Prozent werden laut dem für die Rahmenplanung verantwortlichen Büro DeZwarte Hond (Groning, Rotterdam, Köln) angestrebt. Eine Seilbahn von UNStudio soll das Gebiet an die Stadtviertel nördlich der IJ anbinden.
Aus planungsrechtlichen Gründen dürfen in Minervahaven vor 2030 jedoch noch keine Wohnungen errichtet werden. Der Planungshorizont ist also weit gesteckt, die Erwartungshaltung groß und das ganze Gebiet momentan ein dynamischer Tummelplatz junger und kreativer Unternehmen. An prominenter Lage, mit bestem Blick auf das eigentliche Hafenbecken, steht seit kurzem das Bürohaus Salt, das die aktuelle Entwicklung im Minervahaven geradezu idealtypisch verkörpert. Bauherr ist der Investor NIC Buildings Ambitions, verantwortlich für den strengen Kubus in Sichtbeton sind MVRDV (Rotterdam).
Salt wendet sich an kleine und mittelgroße Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft und möchte sowohl im Inneren als auch nach außen als kreativer Inkubator fungieren. Vier Obergeschosse mit Büroräumen wurden hier auf einer Grundrissfläche von 30 mal 30 Metern geschaffen. Die Ausstattung der Innenräume ist minimal. Unbehandelte Materialien dominieren die hohen weiten Räume. Die Nord- und Ostfassade des Hauses besteht aus gleichförmigen Sichtbetonrahmen, die Südseite öffnet sich mit einer Terrasse, Galerien und reichlich Glasflächen zur Sonne.
Konzeptionell und vor allem bei der Fassade orientiert sich Salt an Lagerhallen und Industriebauten. Fünf mal vier Meter messen die strengen, wuchtigen Sichtbetonrahmen, die den Eindruck des Hauses bestimmen. Belebung bringt allein die gute alte Fenstersprosse. MVRDVs Interpretation der Sprosse als grafisches Element lässt an die amerikanische Minimal Art denken – etwa an Donald Judd. Sprosse und Rahmen verschaffen dem Bürobau in doppelter Hinsicht eine heroische Geste, und auch die spektaktuläre Treppe in der haushohen Lobby weist in eine ähnliche Richtung.
Da die Architeten keine Pläne veröffentlichen, ist die Raumaufteilung in Inneren nur zu erahnen und es muss offen bleiben, welche Qualitäten die flexibel unterteilbaren Geschossflächen wirklich bieten. Eines ist aber gewiss: Blickt man auf die Nutzung der Erdgeschosszone, tritt Ernüchterung ein – denn hier wird schlicht und ergreifend geparkt. Das lässt eher an ein Bürohaus im Gewerbepark denken und ist weit entfernt von den Versprechungen, dass hier ein dichtes, urbanes und dynamisches Quartier entstehen soll. Aber vielleicht kann man das Erdgeschoss – wenn in 15 Jahren die projektierte Stadt da ist – einfach umbauen und als öffentlichen Raum aktivieren. (gh)
Fotos: Ossip van Duivenbode
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Erhard Goldberg (Architekt) | 16.07.2018 10:30 UhrTypischer Klotz
Die Außenfassade spricht die Sprache der Beliebigkeit. Könnte überall stehen, das Haus.
Außer rechten Winkeln hat sich der Architekt nichts einfallen lassen.
Schade.