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18.04.2023
Ruhe in Rummelsburg
Bürobau von Barkow Leibinger in Berlin
Die Bebauung des Spreeufers ist nicht unbedingt ein Ruhmesblatt der jüngeren Berliner Geschichte. Dass beispielsweise das einstige Osthafenareal in Friedrichshain-Kreuzberg, einem anderslautenden Volksentscheid zum Trotz als Media Spree überplant wurde, dürfte der Politikverdrossenheit kaum abgeholfen haben. Aktuell sorgt die beabsichtigte Erweiterung des Bundeskanzleramts für bundesweites Kopfschütteln. Nicht minder traurig stimmen die gesichtslosen Verwaltungs- und Hotelbauten, die flussauf- und -abwärts entstanden sind. Gerade schon außerhalb des S-Bahn-Rings gelegen, macht nun aber das Bürogebäude B:HUB ein wenig Hoffnung.
Seit 2018 – als Barkow Leibinger (Berlin/New York) die Planung des B:HUB aufnahmen – hat Covid-19 zu einem ungeahnten Wandel der Arbeitswelt geführt. Angesichts der Diskussionen, ob der Bedarf an Büroflächen jemals wieder das vorpandemische Niveau erreichen wird, kann man der Errichtung von Bürobauten grundsätzlich kritisch gegenüberstehen. Allerdings lassen die Architekt*innen keinen Zweifel an ihrem Ansinnen, durch den Neubau einen Mehrwert für die Umgebung zu schaffen. So soll der 300 Meter lange Riegel, der auf neun Geschossen nicht weniger als 64.000 Quadratmeter Nutzfläche bietet, das dahinter anschließende Wohnquartier auf der Stralauer Halbinsel gegen die Bahntrasse der Ringbahn abschirmen. Würde der 17. Bauabschnitt der A 100 wirklich zur Ausführung gelangen, böte das Gebäude zudem Schutz gegen den Verkehrslärm der Stadtautobahn, die erst kurz vor dem Bahnhof Ostkreuz in einen Tunnel abtauchen soll.
Als allzu wohlwollende Plattitüde mag der Hinweis erscheinen, dass der Neubau seine Nachbarschaft auch um ein Café und einen Supermarkt bereichert. Indessen verlangt die Trostlosigkeit anderer Berliner Bürokomplexe, die wirklich nicht mehr als Schreibtischarbeitsplätze bieten, auf diese Besonderheit hinzuweisen. Umso bedauerlicher ist die schroffe Scheidung der öffentlichen Sitztreppe von der durch Topotek 1 (Berlin/Zürich) gestalteten Terrasse: Es handelt sich um einen hohen Zaun, der beide Sphären voneinander trennt.
Mit anderen Projekten des Büros Barkow Leibinger hat der Neubau die aufwändig gestaltete Fassade gemein. Gegenüber der vielfachen Faltung des Baukörpers, die etwaiger Monotonie entgegenwirkt, verhilft die klassische Gliederung mittels Lisenen und Gesimsen dem Baukörper gleichwohl zu gediegener Ruhe. Dabei werden die Lisenen durch luftig gesetzte Keramikelemente betont, die abhängig von der Tragwerksgeometrie unterschiedlichen Profilgebungen folgen. Indem die Planer*innen auf Hans Poelzig verweisen, der für sein Haus des Rundfunks (1929–31) in der Masurenallee gleichfalls eine keramische Fassadenverkleidung gewählt hatte, markieren sie den Anspruch, mit dem Neubau an die Berliner Moderne anzuschließen.
Überdies betonen Barkow Leibinger, dass die Möglichkeiten zur natürlichen Belüftung „auch in Post-Corona-Zeiten“ Vorteile böten. Das scheint im Umkehrschluss nahezulegen, dass der Bürobetrieb dank dieser Vorkehrung auch im unerfreulichen Falle künftiger Pandemien aufrecht erhalten werden könnte. Sollte in der Folge eines neuerlichen Virus doch eine Umnutzung erforderlich werden, verspricht der attestierte „Loftcharakter“ die Eignung für andere Programme. Indessen erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass der Bürobau in nächster Zukunft brachfällt. Immerhin gehört neben der Deutschen Bahn auch eine Bundesbehörde zu den Mieterinnen. Zahlreiche Berliner Bauvorhaben lassen den Schluss zu, dass deren Flächenbedarfe künftig eher zu- als abnehmen werden. (ree)
Fotos: Iwan Baan, Stefan Müller
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