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22.03.2022

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Kathedrale der Bauforschung

Büro-Modul im Dübendorfer NEST-Gebäude


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Das Experimentiergebäude NEST im Schweizer Dübendorf gilt bereits einigen Forschungsgruppen als Labor für die Entwicklung zukünftiger – und in Hinblick auf Umwelt und Klima auch zukunftsfähiger – Planungs- und Baupraxis. Das Akronym steht dabei für „Next Evolution in Sustainable Building Technologies“ und bietet seit 2016 eine blanke Plattform, in der sich Bauexperimente im realen Maßstab für eine temporäre Beobachtung einnisten können. Mit jeder neuen Unit, so die Namen der einzelnen Experimentierboxen, erweitern sich dabei die Aspekte des Möglichen.

So besetzen den von Gramazio Kohler Architects (Zürich) errichteten Kernbau auf dem Campus der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) bereits mehrere Einbauten, darunter ein von Werner Sobek in Kooperation mit Dirk E. Hebel und Felix Heisel entwickeltes, voll recyclingfähiges Wohnmodul namens UMAR sowie das gänzlich digital geplante und gebaute Wohnmodul DFAB House von Matthias Kohler und Konrad Graser von der ETH Zürich. Vergangenen Sommer kam das Büromodul Sprint hinzu, das von baubüro in situ (Basel/Zürich) und seinem Ableger Zirkular nahezu vollständig aus recycelten Materialien gefügt wurde.

Nun landete auf der obersten NEST-Plattform das mittlerweile achte Forschungsprojekt, das sich vor allem der Leichtbaukonstruktion mit Beton und dadurch signifikanten Materialeinsparungen sowie der selbstlernenden Gebäudetechnik verschrieben hat. Auch die Vorliebe für doppeldeutige Kunstnamen setzt sich fort: Das neue Büromodul heißt HiLo – „High Performance, Low Emissions“ – und wurde von Wissenschaftler*innen rund um Philippe Block und Arno Schlüter von der ETH Zürich im Auftrag der Empa umgesetzt. Für die Architektur zeichnen die an der ETH beheimatete Block Research Group und das Büro ROK– Rippmann Oesterle Knauss (Zürich) verantwortlich. Dass sich die Planer*innen laut Empa von den „Bauprinzipien des Mittelalters“ und „Kathedralenbaumeistern“ inspirieren ließen, ist dabei gut ersichtlich.

Der Entwicklung des markanten, doppelt gekrümmten Daches gingen mehrere Jahre Vorbereitung und ein 2017 errichteter Prototyp voraus. Das Tragwerk bildet eine mehrschichtige Betonschale, die Dämmblöcke zwischen zwei Stahlbetonplatten von nur fünf und drei Zentimetern Dicke samt schlanken Aussteifungsrippen und vertikalen Zugstäben als Verbindung enthält. In die Struktur sind selbsttragende Stahl-Glas-Fassaden wärmebrückenfrei integriert. Außergewöhnlich ist auch die flexible Schalung für die Konstruktion. Sie besteht aus einem Seilnetz, über die eine dünne Textilmembran ausgebreitet wurde, auf die man wiederum den Beton spritzte. Durch die exakt berechnete Spannung der Stahlseile und erst unter der Last des Frischbetons bekam das Dach letztendlich die gewünschte Form.

In der als Büro genutzten, zweigeschossigen Unit kam zudem ein von der Block Research Group entwickeltes Gewölbe-Bodensystem mit Aussteifungsrippen zum Einsatz, das im Vergleich zu gängigen Platten rund 70 Prozent Beton und 90 Prozent Bewehrungsstahl einspart. Die integrierte Energietechnik für Heizung, Kühlung und Lüftung nutzt die strukturellen Besonderheiten der Decken aus. Außen stellt an der Südseite eine von der Gruppe um Arno Schlüter konzipierte, adaptive Solarfassade ein weiteres Experimentierfeld dar. 30 einzeln steuer- und ausrichtbare Photovoltaikmodule sollen eine effizientere Stromerzeugung generieren und dienen gleichzeitig der gezielten Verschattung beziehungsweise der Steuerung eines passiven Wärmeeintrags in das Gebäude. Überdies kommt das Prinzip der selbstlernenden Gebäudetechnik zum Einsatz, bei der je nach Nutzer*innenverhalten der Effizienz- und Komfortgrad ständig optimiert wird. (sab)

Fotos: Roman Keller, Juney Lee, Stefan Liniger, Gearoid Lydon, Georgia Chousou, Andrei Jipa


Zum Thema:

Anschaulich führen Philippe Block und Arno Schlüter in einem interaktiven Video durch das HiLo-Modul.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

1

auch ein | 22.03.2022 15:55 Uhr

architekt

das ist ECHTE forschung, nicht nur Drittmitteleinforderung und bisschen subventionierte "forschungsreisen" wie in deutschen Hochschulen!

jedes mal was neues wenn man das NEST besucht, spannend!

 
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