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06.11.2020

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Vielfache Verschachtelung

Bücherei in Franken von Schlicht Lamprecht Architekten


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Wenn die Architektur eines Gebäudes auch zum Logo seiner Institution wird, dann ist sie wohl gelungen. Bekanntes Beispiel ist die Philharmonie in Berlin, deren Entwurf von Hans Scharoun mit drei in sich verdrehten Fünfecken zu einer steten Chiffre des Konzerthauses wurde. Im Logo der Bibliothek im fränkischen Gundelsheim spiegelt sich auch das Konzept ihrer Entwerfer Schlicht Lamprecht Architekten wider: ein Haus im Haus.

So unmaßstäblich der Vergleich zwischen der Hauptstadt Berlin mit 3,6 Millionen Einwohnern und der Gemeinde mit 3.600 Einwohnern wirken mag, er zeigt in diesem Fall, dass interessante Architektur auch abseits der großen Ballungszentren entstehen kann. Das war auch der Anspruch der Gemeinde Gundelsheim, die für ihre neue Bibliothek in einem historischen Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert einen geladenen Ideen-und Realisierungswettbewerb auslobte. Mit Schlicht Lamprecht Architekten aus Schweinfurt konnte sich schließlich ein jüngeres Büro aus der Region für den Bau der Bibliothek verantworten.

Mit ihrem Haus-im-Haus-Konzept versuchten die Architekten den Typus eines örtlichen Bauernhofes mit Wohnhaus, Stall und Scheune in eine zeitgenössische Nutzung und Gestaltung zu überführen. Den Bestand – ein giebelständiges Wohnhaus mit hintangefügter Stallung – verwebten die Architekt*innen mit einem Neubau, der in seiner Kubatur und rauen Holzfassade einer örtlichen Scheune entspricht, nun aber zweifach als Doppelgiebelbau ausgeführt wurde. Dieser integriert den bestehenden Stall, verschluckt ihn quasi, und formt mit dem Wohnhaus einen Vorplatz, der die körnige, städtebauliche Struktur aufgreift.

Innen wird die Verschachtelung fortgeführt: Der einstige Stall umschließt jetzt einen Lesesaal. Die preußische Kappendecke haben die Architekt*innen erhalten und teilweise geöffnet, um die konstruktive Verwebung von Alt- und Neubau auch gestalterisch auszuspielen. Die Raumstruktur des Wohnhauses wurde aufgelöst. Hier wurde die Kinderbuchabteilung in Form eines kleinen Hauses eingefügt. Die Stahlrahmenkonstruktion wirkt auch als aussteifender Kern. 

Schlicht Lamprecht Architekten formulieren mit ihrem Projekt eine fränkische Spielart der vernikulären Architektur: Terrazzoboden und geschlämmte Wände erinnern an die einfache Ausstattung historischer Bauernhäuser, gebürstete Fichtenholzoberflächen an traditionelles Mobiliar. Die Fassade aus naturbelassenen, thermisch behandelten Holzlammellen ruft die einfache Holzbauweise der Region wach. Durchgehend und im changierenden Rhythmus legten Schlicht Lamprecht die vorvergrauten Lamellen um den Neubau und unterstreichen damit seine hochgiebelige Form. Und gleichsam verdecken sie das Dach aus Edelstahl wie auch die darunter liegende komplexe Haustechnik. (sj)

Fotos: Stefan Meyer


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

7

auch ein | 09.11.2020 09:17 Uhr

architekt

der name des büros ist programm.

toll gemacht und sensibel in den ortskern gefügt.
ein schatzschächtele für die bücher!

6

JH_LND | 08.11.2020 20:59 Uhr

Gundelsheim

Weil die Info im Text fehlt und es eine ganze Hand voll Gundelsheims gibt: Es handelt sich um das Gundelsheim bei Bamberg....

5

STPH | 06.11.2020 18:37 Uhr

Stadt von ganz innen


nachhaltigkeit heißt demnächst in leerfallenden Dorfstraßen das gleiche Programm durch mehrere alte Häuser und deren Zimmer mit viel wertigem Erinnerungspatchwork.
Warum nicht auch Kitas durch alte Wohnhäuser, Gärten und Höfe spielen lassen.
Das autentische unwiederbringliche ist ein Ort als sein Inneres mit seinem bürgerlichen Maßstab.

4

jww | 06.11.2020 17:18 Uhr

Bücherei in Franken von Schlicht Lambrecht Architekten

irgendwie....
...schön!!! Sehr schön!

3

A.Zimmermann | 06.11.2020 16:59 Uhr

Baukultur auf dem Land ...

... davon brauen wir viel mehr. Wenn alle Neu-, Um- und Ergänzungsbauten diese gestalterische Qualität hätten, wären wir einen Schritt weiter. Der Altbau wird aufgewertet und die hässlichen Bestandsgebäude im Hintergrund durch den Neubau glücklicherweise verdeckt. Mit seiner Holzfassade und dem interessanten Fugenbild setzt sich das Gebäude vom Umfeld ab, nutzt aber ein traditionelles Material das im dörflichen Kontext nicht fremd wirkt. Durch die räumliche Setzung entsteht ein kleiner Vorplatz - alles sehr gelungen!

2

mies antroph | 06.11.2020 16:07 Uhr

Sensibel

Eine ausgesprochen schöne Lösung. Das sich durch das (erwachsene) Spiel mit dem Kontext noch ein prägnantes, ikonisches Kinderhaus ergibt ist sozusagen die Belohnung für den gewählten harmonischen Weg.

1

ixamotto | 06.11.2020 15:54 Uhr

irgendwie...

...gruselig.

 
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Der nach hinten gerückte Neubau führt die Körnung des städtebaulichen Umfelds fort.

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Eine Scheune als Doppelgiebelanlage umgibt nun den alten Stall des Bauernhofes und fügt sich dem bestehenden Wohnhaus an.

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Die Kinderbuchabteilung ist ein Haus im Haus.

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Die neue Scheune mit Blick auf den Eingang, rechts ist der alte Stall.

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