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01.08.2003

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Superstudio: Life without Objects

Bücher im Baunetz


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Von Superstudio gab es in den letzten Jahren immer wieder mal was zu sehen. In der Regel fanden sich ein oder zwei Abbildungen ihrer Collagen in den Sammelbänden zu utopischer Architektur oder hingen in ähnlich konzipierten Ausstellungen. Sie wurden dort ergänzend zu Archigram, den Metabolisten oder österreichischen Visionären der 60er Jahren in die techno-optimistischen Ansätze eingereiht. Die Illustrationen ihres Projektes "Continuous Monument" zeigen ein auf ein Würfelraster aufbauendes Volumen, das Wüsten, Wasserfälle oder die Städte Manhattan und Graz durchschneidet. Recht bekannt sind auch ihre Collagen aus der Reihe "Superexistence" für die Ausstellung "The new Domestic Landscape" im Museum of Modern Art, New York 1972. Eine Hippi-Truppe lungert auf einer spiegelglatten polierten endlos gerasterten Oberfläche herum. Im Hintergrund dramatische Landschaft. Oder eben ihre Möbel: schwarz-weiß und ebenfalls auf einem quadratischem Grundraster aufgebaut.


Sonst ist nicht allzu konkretes Wissen und Material über Superstudio im Umlauf. Man munkelt nur, dass diese Florentiner Architekturgruppe, ähnlich wie die damaligen Kollegen von Gruppo Strum und Archizoom radikal politische, ja kapitalismuskritische Anliegen verfochten. Superstudios Filmscripts, Bilder und Entwürfe sollen ein radikaler Angriff auf den Zustand der Architektur gewesen sein, eine fundamentale Kritik an der sinnlosen Verschwendung von Energie und der Vernichtung von Ressourcen unter der Herrschaft einer überdrehten Konsumgesellschaft. Nur: Wie geht das, mit so catchy, so euphorischen Bildern?


Das Buch zur Ausstellung "Superstudio: Life without Objects" im Londoner Design-Museum bis Juli 2003, die ab November auch in New York zu sehen sein wird, hat ein nahezu klassisches Format. Im ersten Teil folgen auf einen einführenden Text über die Architektengruppe zugespitztere Essays der Herausgeber und Artikel von den drei Superstudio-Mitgliedern Cristiano Toraldo di Francia, Adolfo Natalini und Pierro Frassinelli. Im zweiten Abschnitt werden die historischen Projekte in Werkphasen untergliedert vorgestellt und wesentliche Daten zu Superstudio in Biographien, Projektchronologien und einem Verzeichnis aller Veröffentlichungen aufgelistet.


Diese Aufarbeitung bietet endlich die Chance, den angesprochenen politischen und architekturimmanenten Anspruch der Arbeiten nachzuvollziehen. Superstudio ging es um das Verschwinden der Architektur zugunsten einer Hinwendung zu primären menschlichen Bedürfnissen.


"Wenn Design lediglich Anreiz zum Konsum darstellt, müssen wir Design ablehnen, wenn Architektur lediglich die Festschreibung des bürgerlichen Modells von Privateigentum und Gesellschaft ist, müssen wir Architektur ablehnen, wenn Architektur und Stadtplanung lediglich die Formalisierung gegenwärtiger sozialer Trennungen ist, müssen wir Stadtplanung und ihre Städte ablehnen ... solange bis alle gestalterischen Aktivitäten sich auf primäre menschliche Bedürfnisse richten. Bis zu diesem Zeitpunkt muss Gestaltung verschwinden. Wir können ohne Architektur leben." (Adolfo Natalini, London 1971, Superstudio S. 20)


Superstudio gingen davon aus, mit der Vernichtung der Stadt, der Architektur und des Designs auch die sie hervorbringenden gesellschaftlichen Herrschaftssysteme zu zerstören. Eine egalitäre und freie Gesellschaft konnte für sie nur durch die Überwindung der gestalteten Manifestationen und Zwangssysteme der kapitalistischen Gesellschaft erricht werden. Mit "Continuous Monument" und anderen Projekten versuchten sie eine maximale Neutralität herzustellen, so dass eine leeres Areal entstehe, das langsam mit den dann neu erscheinenden Wünschen und Ideen besetzt werden könne. So würde Architektur (nur) die grundlegende Bedingung für Leben schaffen. Dieses extrem offene System, das als monumentale Architektur den hierarchischen Raum der kapitalistischen Städte und Konsumräume neutralisiert, ist insofern nicht, wie gelegentlich beschrieben, eine zynische Anti-Utopie, sondern tatsächlich als ein Projekt für eine befreite Gesellschaft gedacht. Natürlich nicht ganz ohne Ironie.


Manfredo Tafuri wollte das so nicht ganz nachvollziehen und beschrieb die Images der Florentiner Büros wie Superstudio und Archizoom als eine "monströse Hochzeit von populistischem Anarchismus und befreienden Ereignissen, die durch die 68er Bewegung beeinflusst sind und versuchen ein mythisches Proletariat in den Zustand psychedelischer Aktivität zu verfrachten." (Tafuri: History of Modern Architecture, 1990, S. 99)


Verwunderlich bleibt in jedem Fall, wie diese Architektengruppe erfolgreich Möbel verkaufte und zugleich die Umstände des Konsums verdammte. So schufen sie wundervolle oberflächliche Design-Objekte und ergreifend poppige Illustrationen, die vor kritischem Wollen nur so strotzten.
(Fezer)



Peter Lang, William Menking (Hg.)
Paperback, 248 Seiten
Text: English
Preis: 29 EUR
Skira Editore, Mailand 2003
ISBN: 88-8491-569-4


 
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