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01.03.2006

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Moderne Giebelhäuser.

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Für viele spätere Architekten ist der ohne Absetzen gezeichnete Aufriss des „Haus vom Nikolaus“ die erste zeichnerische Auseinandersetzung mit dem klassischen Giebelhaus. Dieser Urtyp des Zuhause, eine Kiste mit spitzem Satteldach, beschäftigt die Menschen schon so lange sie sich das Dach überm Kopf selber planen.


So findet man das Nikolaushaus schon ca. 5000 v. Chr. in den berühmten Valamonica-Felsenritzungen bei Brescia oder als Negativabdruck im Zentrum der Cheopspyramide: Die Ägypter bestatteten ihre verstorbenen Pharaonen im Volumen eines Satteldachhauses und vernichteten allen Raum darum durch eine massive Pyramide – die Umkehrung des freistehenden Einfamilienhauses als Heimat im Jenseits. Die klassische Moderne hingegen hätte das Satteldach wohl am liebsten zu Gunsten des so viel lässigeren Flachdaches abgeschafft, das miese Wetter in Mitteleuropa und die unbestreitbaren baukonstruktiven Vorteile einer geneigten Dachkonstruktion haben das verhindert.


In den letzten Jahren besinnen sich viele Architekten wieder ganz ungezwungen und ohne die oft aufgesetzte ironische Brechung der Postmoderne auf den Typ des Giebelhauses und beweisen die Wandelbarkeit und Zukunftsfähigkeit des Modells. Grund genug für den Callwey-Verlag und seinen Autor Andreas Vetter, das rege Treiben vieler junger Architekten auf diesem Gebiet zu dokumentieren.


Nach einer knappen Einleitung und einem historischen Abriss werden 30 internationale Wohnbauten vorgestellt, fast ausschließlich frei stehende Einfamilienhäuser.
Die Auswahl der Projekte hat ihren Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum. Man stößt neben vielpublizierten Projekten wie das Haus in Wandlitz von Heide, von Beckerath Alberts (Berlin) oder dem Haus Göppner von Bayer Uhrig (Kaiserslautern) auf eine ganze Reihe auch dem interessierten Fachpublikum bisher nicht bekannter Projekte. Den roten Faden liefert dabei die jeweils ortsspezifische Wahl der Materialen. Von Holz über Putz, Faserzementplatten, Glas, Sichtbeton, Kupferblech, Streckmetallpanellen, Titanzink-Schindeln, Keramik bis zum Reetdach wird hier alles an Dacheindeckungen geboten.


Zu den aufregenderen Projekten gehören wie so oft die Häuser der jungen österreichischen und Schweizer Architekturszene. Mit dabei übrigens auch Innocad aus Graz mit der Casa D in Hartkirchen, unlängst Gesprächspartner in der neuen BauNetz-Reihe „Apple Talk“.


Gemeinsam ist allen Häusern die Durcharbeitung bis ins Detail und die Inszenierung des Giebelmotivs sowohl innen als auch außen: Statt den Raum unterm First zum Dachboden verkommen zu lassen, werden hier hohe Wohnräume oder qualitätvolle Rückzugsräume unter den Dachschrägen geschaffen, dramatische Treppen eingebaut oder durch große Fenster tiefe Grundrisse belichtet. Die Kür folgt außen, wenn es darum geht, den piefigen Dachüberstand zu vermeiden und die Dachentwässerung so zu platzieren, dass die Aufrisszeichnung der Giebelwand wieder an den Wohnsitz des Nikolaus erinnert – und das Haus zu einer Skulptur wird.


Alle Bauten sind ausgezeichnet fotografiert und durch in allen notwendigen Grundrissen und Schnitten im Maßstab 1:250 mit durchgehend einheitlicher Darstellung dokumentiert. Zusätzlich wird jedes Projekt durch eine Tabelle mit Angaben wie Grundstücksfläche, Nutzfläche oder Bausumme vergleichbar gemacht.


Ein durchweg gut gemachter Band zum Stöbern und Nachschlagen, sowohl für Bauherren als auch Architekten. Einziges Manko: Von den vielen schönen Trauflösungen wird leider nur eine im Detail gezeigt – ein baukonstruktives Lexikon darf man hier nicht erwarten. Alles halb so schlimm, schließlich gibt es ja die BauNetz-Infoline „Geneigtes Dach“ .
(Henning Sigge)



Andreas K. Vetter
160 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag
Format: 21,5 x 28 cm
250 Farbabbildungen und 150 Pläne
Preis: 59,95 Euro
Callwey, 2006
ISBN: 3766716646


 
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