Für die internationale Architekturkritik ist das zeitgenössische Russland ein weißer Fleck auf der Landkarte. Der vorliegende Band von Bart Goldhoorn und Phillip Meuser will das ändern. Das Buch erhebt den Anspruch, einen repräsentativen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der russischen Architektur zu geben.
Bei dem Maß an Sorgfalt und Liebe zum Detail, das die Autoren dem Band angedeihen haben lassen, steht zu befürchten, dass sie ihrem Ziel nahe gekommen sind. Befürchten, denn: Vieles im Buch ist gar nicht schön zu sehen. Der Kapitalistische Realismus äußerte sich in den letzten zehn Jahren demnach architektonisch vor allen Dingen in unsäglichem postmodernen Kitsch, einem banalen Historismus und dem Neigung zur Kathedralenrekonstruktion.
Dazwischen finden sich immer wieder kleine, stille Projekte, die eine ganz andere, regional verwurzelte Formensprache zeigen als die schrillen Investoren- Architekturen. Die Autoren sortieren die über 50 Projekte in folgende, wohlklingende Kapitel ein: Internationaler Stil in Russland, Regionales Russland, Post-Sowjetischer Modernismus, Russische Nostalgie.
Ein spannendes Buch, knapp und präzise in Deutsch und Englisch getextet, mit vielen großartigen Farbfotografien.
(Henning Sigge)
Bart Goldhorn, Phillip Meuser
Gebunden, 304 Seiten, 78 Euro
DOM publishers, 2006
ISBN: 3938666102