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05.12.2008

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Le Corbusier: Le Grand

Bücher im BauNetz


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1949 bestellte Le Corbusier seine verflossenen Affären aus seiner New Yorker Zeit (1946/47) an einen gemeinsamen Restauranttisch, und alle kamen: Marguerite, Helena, Barbara und Mitzi. Er notierte vergnügt: „Einen 63-jährigen Gigolo wie mich gibt es in den USA nicht noch einmal (oder kaum!!!)“. Ansonsten war er vierzig Jahre, bis zu ihrem Tod, mit seiner Frau Yvonne zusammen. Was ihn weder daran hinderte, heftig mit einer geschiedenen schwedischen Geschäftsfrau anzubändeln, noch ungefragt die Villa E.1027 seiner Nachbarin Eileen Gray im Inneren mit Wandmalereien zu verzieren – was diese sehr erboste. Immerhin: Für eine intime Beziehung zu Josephine Baker gibt es in den Archiven keine Anhaltspunkte.Der Meister hat die Schönheit an Bord der Lutétia 1929 lediglich angeschwärmt, gezeichnet – und das dann alles en détail seiner Mutter berichtet: „...ein goldenes Herz wie ein Kind aus einem Kreolendorf!“

Sind solche Informationen relevant für das Verständnis der Künstlerpersöhnlichkeit Le Corbusier? Der Verlag Phaidon, dessen – namenlose – Lektoren die Mordsarbeit dieser Edition auf sich genommen haben,meint: Ja. (Übrigens: Die – namhaften – Corbusier-Experten Jean Louis Cohen und Timothy Benton lieferten lediglich Vorwort und knappe Kapiteleinführungen.)

Das Konzept dieses neun Kilo schweren, 800-seitigen Un-Buches, das sich eigentlich jedweder praktischen Handhabung entzieht, lautet denn auch: „Visuelle Biografie“. Es ist der Monster-Joker im Zeitalter der überschweren Coffee-Table-Bücher. Braucht man das?

Es ist kein Architekturbuch, keine Projektdokumentation (wie das achtbändige OEuvre complète). Es ist auch keine Fotoreportage (wie das herrliche Birkhäuser-Buch mit Magnum-Fotos von René Burri). Es ist vielmehr eine Fundgrube aus dem Füllhorn der LC-Archive: Fotos, Zeichnungen, Skizzen, Briefe – ja, selbst Einladungskarten und Zeitungsausrisse. Editorisch ganz hervorragend gemacht, werden die (oft handschriftlichen und unleserlichen Faksimiles) in einem schmalen Begleitheft in Deutsche übersetzt – neben den knappen Bildunterschriften ein Angebot zur Vertiefung.

Überhaupt merkt man der deutschen Ausgabe kaum an, dass dieses Werk in englischer Sprache konzipiert und geschrieben wurde, denn ein Rück- Abgleich mit französischen Originaltexten ist bei der Übertragung ins Deutsche offensichtlich erfolgt.

Das Buch ist in zehn Kapitel eingeteilt, die jeweils einem bestimmten (inhaltlichen) Lebensabschnitt zugeordnet sind; dass es hier zeitliche Überschneidungen gibt, stört nicht. Man ist gut beraten, die Kapiteleinführungen sorgsam zu lesen, um die dann im Folgenden ausgeschütteten Fundstücke einordnen zu können. Vieles bleibt bruchstückhaft, fragmentarisch – aber das soll wohl auch das Konzept sein. Bei einem wissenschaftlichen Werk dienen die Quellen dazu, den Haupttext zu belegen. Hier sind die Quellen Selbstzweck; ein jeder suche sich daraus heraus, was er mag, was ihm auffällt, was ihn vielleicht anspricht (oder auch abstößt). Ordnet man die Fundstücke halbwegs zusammen, entsteht das Bild eines monomanen Genies, das im täglichen Leben wohl ein überheblicher Stinkstiefel gewesen sein dürfte. LCs Rang als bedeutendster, innovativster und vielseitigster Architekt der Moderne wird dagegen weiter untermauert. Fazit: Man kommt an diesem Buch nicht vorbei – in jedweder Hinsicht.

Vielleicht erlaubt man sich nur noch den Spaß, am anderen Ende der Skala ein schmales Bändchen mitzubestellen, einen Klassiker in der 8. Auflage: Norbert Huses Le-Corbusier-Taschenbuch in der verdienstvollen Reihe der rororo-Bildmonographien ist weiterhin im Programm. Auf 150 winzigen, aber verdichteten Seitchen gibt es Corbu geballt – für ein Zwanzigstel des Preises. (Benedikt Hotze)

Le Corbusier: Le Grand
Hrsg: Jean-Louis Cohen und Tim Benton
Phaidon Verlag, Berlin 2008
768 Seiten mit 2000 Abbildungen
42 x 32 cm, gebunden, 150 Euro

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