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25.05.2007
Europäischer Kirchenbau 1900-1950
Bücher im BauNetz
Was ist dieses Buch? Eine wissenschaftliche Forschungsarbeit? Auch. Ein Coffee-Table-Book? Dort macht es jedenfalls keine schlechte Figur. Ein Architekturführer? Ja, wenn man es so nutzen will. Eine Baugeschichte der Moderne an Hand einer bestimmten Bauaufgabe? Diesen Anspruch hat es. Ein ambitioniertes Fotoprojekt? Auch das.
Dieses Buch will viel sein, und das gelingt ihm auch. Wolfgang Jean Stock und der mit ihm befreundete Fotograf Klaus Kinold haben Europa auf den Spuren des Kirchenbaus bereist. Der zweite Band (1950 bis 2000) ist bereits erschienen, und nun legen die beiden Autoren die erste Hälfte des Jahrhunderts nach.
Kirchenbau – das ist eine faszinierende Bauaufgabe, denn in kaum einer anderen Sparte sind Architekten so frei bei der Erfindung neuer Raumideen. Beispiele gerade aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stehen für solche großartigen Experimente – ob sie nun Ronchamp oder Neviges heißen.
In der ersten Hälfte des Jahrhunderts begann die Moderne hier etwas zögerlicher als bei anderen Bauaufgaben. Noch bis in die zwanziger Jahre hinein war der Historismus das häufigste Leitbild beim Bau neuer Kirchen. Ikonen der Moderne wie Rudolf Schwarz’ von der Neuen Sachlichkeit geleitete Fronleichnamskirche blieben die Ausnahme.
Das Buch erzählt anhand von zwei Dutzend beispielhaft erläuterten Kirchenbauten die Geschichte eines breiten Stroms verschiedener stilistischer Annäherungen an die Aufgabe Sakralbau. Das beginnt bei Theodor Fischers neoromanischer Erlöserkirche in München oder Otto Wagners sezessionistische Kirche am Steinhof in Wien. Wir sehen Expressionismus (Fritz Högers Kirche am Hohenzollernplatz in Berlin) genauso wie das Sichtbeton-Experiment von Auguste Perret in Le Raincy oder Dominikus Böhms Vorwegnahme der fünfziger Jahre in der parabelförmigen St.-Engelbert-Kirche in Köln. (Die gleichnamige Kirche des selben Architekten in Essen ist übrigens von Entwidmung und Verfall bedroht.)
Deutlich wird jedenfalls, dass es im Kirchenbau keine eindeutige Entwicklung hin zu einer „obligatorischen“ Moderne gegeben hat, sondern eine Koexistenz verschiedener Stil- und Raumauffassungen. Gerade das macht den Gegenstand so reizvoll – und das Buch so verdienstreich. (-tze)
Zum Thema:
Europäischer Kirchenbau 1900-1950
- European Church Architecture
1900-1950. Aufbruch zur Moderne
- Towards Modernity
dt./englisch, 224 Seiten, 265 farbige Abbildungen, 35 Schwarz-Weiß-Abbildungen,
gebunden mit Schutzumschlag,
240 x 300 mm,
ISBN 978-3-7913-3687-9,
59 Euro
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