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20.04.2007
Der Architekt, der Koch und der gute Geschmack
Bücher im BauNetz
„Im Bauen wie im Kochen verbergen sich die wesentlichen Dinge des Lebens“, stellt Claudio Silvestrin in seinem Aufsatz über das Wesentliche in der Architektur fest und beschreibt Anlass und Ergebnis dieses Buches treffend: Eine architekturtheoretische Sammlung zu den Parallelen zwischen Bau- und Kochkunst. Petra Hagen Hodgson und Rolf Toyka haben einen Band zusammengestellt, der den „erstaunlichen Parallelen und tief verwurzelten Beziehungen“ dieser beiden „grundlegenden Tätigkeiten des Menschen“ nachspürt.
Mit der Essaysammlung gelingt es den Herausgebern, den schmalen Grat zwischen architekturtheoretischer Ernsthaftigkeit und unterhaltsam-sinnlicher Auseinandersetzung zu gehen, und dies ist nicht zuletzt den hochkarätigen Autoren geschuldet. Fritz Neumeyer berichtet mit Begeisterung von seinen Erfahrungen mit italienischen Essgenüssen und „umwerfend üppigen Weinen“ aus dem Piemont und schafft den lässigen Schwenk über das „nahrhaft Notwendige“ und „schmackhaft Schöne“ zum ersten Element der Baukunst nach Semper: Dem heimischen Herd. Wer einmal eine Architekturtherorievorlesung bei Neumeyer gehört hat, weiß, dass ihn hier ein ebenso fundiertes wie inspiriertes und unterhaltsames Essay erwartet. Bei einem Gegenstand, in dem Maß und Proportion eine so wichtige Rolle spielen, darf natürlich Paul von Naredi-Rainer, der Graf Zahl der Architekturtheorie, nicht fehlen – die Kunsthistorikerin Renate Breuß bringt Fibonacci-Folge und Rezepte für Nudelteig und Mandelschmarren zusammen.
Wem dies alles immer noch zu theoretisch ist, dem kann geholfen werden: Gion Caminada berichtet unter dem Titel „Sinnhafte Architektur in einer globalisierten Welt“ von seinen wunderbaren Bauten des täglichen Lebens: Totenstube, Scheune, Metzgerei und Schlachthaus in Graubünden. Die Werkschau zeigt, wie das verwendete Material und die Bearbeitungsweise von zentraler Bedeutung sind: in der Architektur wie in der Küche.
In weiteren Essays kommen unter anderem Annette Gigon, Stanislaus von Moos und Ian Ritchie („Architektur backen“) zu Wort. Es geht um Speisenanbau, um die Orte der Zubereitung, die Komposition einer Speisenfolge sowie um Räume unterschiedlichster Art im kulinarischen Umfeld. Der Band ist mit viel Liebe zum Detail produziert und ebenso zurückhaltend wie ausgezeichnet bebildert. Ein tiefsinniges, sinnliches Buch – eine Inspiration für die Arbeit mit Zeichenstift und Löffel. (Henning Sigge)
Zum Thema:
Petra Hagen Hodgson und Rolf Toyka:
Der Architekt, der Koch und der gute Geschmack.
160 Seiten, gebunden, 39,90 Euro
Birkhäuser 2007
ISBN 3764373318
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