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01.04.2009

Dynamik der Gross-Stadt

Bücher im BauNetz


Dada, Überschwang, Extravaganz, Chaos, Avantgarde, Feiern. Das alles war Bauhaus.  Bestimmt gibt es nicht wenige, die sich für das Bauhaus gern in eine Zeitmaschine gesetzt hätten. In diesem Jahr wird das Bauhaus 90. Hier unser Filmtipp zum Jubiläum. Happy Birthday Bauhaus!

„Dynamik der Gross-Stadt“

László Moholy-Nagy (1895 –1946) arbeitete als Lehrer im Bauhaus in Weimar und Dessau, bevor er 1934 emigrierte und später auch am New Bauhaus in den USA engagiert war. Er hat dabei mit allen Bereichen der Kunst gearbeitet und immer wieder versucht, diese miteinander zu verbinden bzw. ihre Schnittflächen zu nutzen und neu zu definieren; vor allem Malerei, aber auch Bildhauerei, Architektur, Foto- oder Typografie.

Immer noch relativ unbekannt ist sein Schaffen als Filmregisseur: Wie andere seiner Zeitgenossen wollte er die aufkommende Faszination für die Bewegung, den Lärm, die Gleichzeitigkeit und Größe in den wachsenden Städten festhalten und deuten. Als er 1920 zum ersten Mal Berlin besuchte, war er tief beeindruckt und begann ein Skript zu entwerfen, das den Alltag der Stadt einfangen sollte. Das Skript „Dynamik der Gross-Stadt“ verfasst er im avantgardistischen Format einer Typofoto-Arbeit, eine experimentelle Collagentechnik aus Fotos und Schrift, ähnlich einem Comic, aber abstrakter und assoziativer. Für Moholy-Nagy sollte aus dem Typofoto die „visuell exaktest dargestellte Mitteilung“ entstehen. Vermutlich kannte Walter Ruttmann die Arbeit und ließ sich davon zur „Sinfonie der Großstadt“ inspirieren. Moholy-Nagys Skript wurde hingegen aus verschiedenen Gründen nie als Film realisiert.

Seitdem ist mehrmals versucht worden, die „Dynamik der Gross-Stadt“ nachträglich als Film zu realisieren – mir ist allerdings noch keine Fassung untergekommen, die in allen Details liebevoller gestaltet ist als die der beiden jungen Absolventen der Bauhaus-Uni Weimar, Sebastian Helm und Maximilian Sauerbier (www.schroeterundberger.de), die den Film „erstmals mit den Möglichkeiten der digitalen Animation umgesetzt“ haben. Zwar folgen die beiden weitgehend den Vorgaben des Skripts, was Ablauf und Bildmaterial angeht. Dazu fügen sie aber auch selbst gewähltes Material, müssen natürlich auch Geschwindigkeit und Dramaturgie festlegen. Und da fehlt es manchmal – an Variation in der Geschwindigkeit und dem Ablauf, auch zeigen die ergänzenden Bilder eine merkwürdige Diskrepanz zum festgelegten Material, und auch die Musik von Fabian Fenk trägt nicht zu einer gross-städtischen Dynamik bei. Eher im Gegenteil verbreitet sich fast schon ländliche Betulichkeit.

Aber die wirklich große Leistung ist, dass Helm und Sauerbier ihre Interpretation ganz offen zur Diskussion stellen, indem sie das vollständige Originalskript nachdrucken und mit äußerst lesenswerten Texten und Essays verknüpft haben. Einfach großartig ist es, wenn man neben dem Betrachten ihrer Version das Skript betrachten kann – es bekommt sofort eine Lebendigkeit und eine Direktheit, die die Typofotografie alleine leider nicht vermitteln kann.

Florian Heilmeyer


Zum Thema:

László Moholy-Nagy: „Dynamik der Gross-Stadt“
Interpretation von Schroeter und Berger, Berlin 2007.
Kunstedition in bedrucktem Karton, Beiheft mit 36 Seiten und dem vollständigen Nachdruck des Originalskripts aus dem Bauhausbuch Nr. 8 „Malerei Fotografie Film“ und dem Film (10 Minuten) auf DVD, insgesamt 30 Euro.

Bestellmöglichkeit bei der Buchhandlung Walther König
Filmausschnitt und Details auf www.schroeterundberger.de


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