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01.01.1997

Behnisch & Partner. 50 Jahre Architektur

Bücher im BauNetz


Lieben Sie Behnisch?
Wenn ja, dann wird Sie der opulente Band in Ihrer Vorliebe bestärken. Möchten Sie hingegen das Stuttgarter Großbüro auch kritisch betrachtet wissen, dann kann das Buch wenig zum besseren Verständnis darüber beitragen, wo genau die architekturgeschichtliche Bedeutung der „Familie“ um Günter Behnisch, seiner Partner und der beiden Bürobetriebe liegt. Diese Werkschau bietet – so sorgfältig sie aufgemacht ist – kaum Neues, das dabei helfen könnte, ein so üppiges und auch heterogenes Schaffen kritisch zu würdigen.
Die Autorin Dominique Gauzin-Müller macht keinen Hehl aus ihrer Begeisterung für das Büro und dessen Arbeitsweise. Ihre Ehrfurcht vor der „humanistischen Architektur“ spricht aus jeder Zeile. Doch Behnischs eigenen Worten wird noch mehr Bedeutung beigemessen. Seine zahlreichen Zitate aus der Architekturpresse, aus Beiträgen früherer Publikationen und die „exklusiv von Günter Behnisch für dieses Buch verfaßten Textbeiträge“ (Klappentext) wurden fetter gesetzt als die der Autorin. Die Gewichtung ist eindeutig. Mit wenigen Ausnahmen sind die Textpassagen Gauzin-Müllers zu den einzelnen Bauten sehr kurz und leider auch redundant. Wenn auf der gleichen Seite Behnisch spricht, ist der Kernsatz, die Quintessenz meist schon darin enthalten.
Außerdem erzählen Partner und Mitarbeiter von ihren persönlichen Erfahrungen in den beiden Büros (Stuttgart-Sillenbuch seit 1952, Innenstadt seit 1989), und der „Pater familias“, selbst unermüdlich am Bauen, gibt einen Ausblick für’s nächste Jahrzehnt: „Wie geht es weiter?“ fragt er sich am Ende des Bandes.


Etikettierungen
Wie wäre Behnisch zu sehen? Als ein Verweigerer, als ein Nachmoderner? Das Buch bleibt uns eine Antwort schuldig. Die Entwicklungen oder die Umbrüche, die es in seinem Werk vielfach gibt, wären eine genauere Auseinandersetzung wert. Waren es immer die neuen, jungen Mitarbeiter, die frischen Wind in die Architektursprache brachten? Oder ist Behnisch, mehr als ihm lieb ist, ein Seismograph für Strömungen? Er wehrt sich gegen Etikettierungen, doch gerade deswegen müßte sich seine Arbeit dem Vergleich stellen. Das wurde versäumt, sieht man von den selbstreferentiellen Einschätzungen ab, in denen allein der Architekt über seine Bauten spricht. So oft kommt er zu Wort, daß man dem Satz, er wolle kein Lehrer sein, nicht so recht glauben kann. Der bekannte Stempel der „demokratischen Architektur“, im Streit um den Neubau der Akademie der Künste in Berlin bereits überstrapaziert, taucht auch hier zu oft auf. Trotz alledem – die Bilder von Christian Kandzia, die Skizzen und die Pläne machen demjenigen, der die Bauten kennenlernen will, Appetit. Wer sie schon kennt, wird eben in diesem Buch nur blättern und an anderer Stelle nachlesen.


Behnisch & Partner kompakt
Von den bis 1990 in größeren Zeitabschnitten und in den letzten Jahren dann immer häufiger erschienenen Publikationen ist das Buch aus dem Verlag Ernst & Sohn das umfangreichste und größte. Aufgemacht in glänzendem Silber und Zartgelb, ist es insgesamt schön gestaltet – wenn es auch nicht jedermanns Geschmack ist, Textblöcke über Zeichnungen zu setzen, denn beider Lesbarkeit leidet unnötig darunter. Inhaltlich ist der Band in drei zeitlich abgegrenzte Kapitel aufgeteilt: „1952–1972 Vom neuen Bauen zum Systembau”, „1972–1992 Vom Münchner Olympiapark zum Bonner Parlamentsgebäude” und „Neuere Bauten und Projekte”. Im Anhang sind die Daten sämtlicher gezeigter Bauten, die zahlreichen Mitarbeiter, eine Literaturauswahl, Preise und Auszeichnungen sowie Biographien gesammelt. Behnisch & Partner kompakt. Ein kurzer Vergleich dieser Werkauswahl mit einem fast zeitgleich erschienenen Buch aus dem Hatje-Verlag drängt sich auf: Dieses wirkt straffer als das von Ernst & Sohn, ist in Format und Graphik angelehnt an frühere Ausgaben („Bauten und Entwürfe. 1952–1974” und „Über das Farbliche” von 1993), schwarz-weiß gedruckt, optisch ruhig. Und die Texte dort sind allesamt vom Meister selbst. (Eva Maria Froschauer)


Dominique Gauzin-Müller
Gebunden, 312 Seiten, 448 teils farbige Abbildungen, Fotografien von Christian Kandzia,
Ernst & Sohn, Berlin 1997
ISBN: 3-433-02642-4



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