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01.01.1998

Ohne Leitbild? Städtebau in Deutschland und Europa

Bücher im BauNetz


Endlich!
In Zeiten, in denen die Stadtbauwelt nur noch „Städtehefte“ produziert, die eher einer gut gemachten Merian-Ausgabe für Architekten und Stadtplaner gleichkommen als einer ernstzunehmenden Fachzeitschrift, erscheint dieses Buch. Der Vergleich mit einer vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift mag unzulässig sein – aber in der vorliegenden Neuerscheinung werden auf über 500 Seiten zahlreiche aktuelle und planungsrelevante Themen diskutiert, die bis vor kurzer Zeit noch zum Standardrepertoire der Stadtbauwelt gehörten.
Ausgehend von der scharfen Analyse, daß seit einigen Jahren Leitbilder in Architektur, Städtebau und Stadtplanung wieder Konjunktur haben, die klaren Konturen des Leitbildbegriffs jedoch verloren gegangen sind, werden häufig verwendete Schlagworte wie die „Stadt der kurzen Wege“, „Funktionsmischung“, „nachhaltige Siedlungsentwicklung“ „kompakte Stadt“ oder „ökologische Stadt“ auf den Prüfstand gestellt.


Kontroversen
Die Positionen zur heutigen Bedeutung von Leitbildern sind kontrovers: Hat der Leitbildbegriff in Architektur, Städtebau und Stadtplanung überhaupt noch Gültigkeit? Sind Leitbilder nicht doch nur „konjukturabhängige Formulierungen“, die gegenwärtige Trends aufgreifen und schlagwortartig verdichten? Erfolgt Planung tatsächlich vor dem Hintergrund übergeordneter Leitbilder oder sind diese nutzlos, vielleicht sogar gefährlich? Genau an diesen Fragestellungen setzt die Idee für die Publikation an. Um einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion in Deutschland und Europa zu erhalten, veranstaltete das Deutsche Institut für Urbanistik in Zusammenarbeit mit der Wüstenrot-Stiftung 1996 drei Expertenworkshops und ein Symposium in Berlin. Was im Rahmen dieser Veranstaltungen an konkurrierenden Stadtkonzepten, Ideen, Erfahrungsberichten und kritischen Kommentaren von etwa 40 Fachleuten aus Planungspraxis und -wissenschaft vorgestellt und diskutiert wurde, ist in dem Buch sorgfältig zusammengefaßt.


Tendenzen
Entstanden ist ein umfassendes und zugleich gut gegliedertes Werk, das dem Leser nicht nur den Unterschied zwischen „Leit“-Bildern, „Leid“-Bildern und „Light“-Bildern aufzeigt (vgl. Beitrag von Thomas Sieverts), sondern einen weitgefächerten Überblick über die städtebaulichen Tendenzen der neunziger Jahre in Deutschland und Europa vermittelt. Wer hinter dem Titel eine der typischen theorielastigen Städtebaupublikationen vermutet, liegt in diesem Fall falsch. Die Fachdiskussion wird überwiegend anhand konkreter Pläne und Projekte geführt, die mit zahlreichen Abbildungen illustriert sind. Durch eine spannungsreiche Mischung von theoretischen und praxisorientierten Beiträgen gelingt den Herausgebern eine zeitgemäße Aufarbeitung dieser komplexen Themenstellung – eigentlich auch eine Aufgabe für die Stadtbauwelt. (Matthias Grunwald)


Heidede Becker u.a.
Herausgegeben von Heidede Becker, Johann Jessen und Robert Sander.
In Zusammenarbeit mit der Wüstenrot Stiftung Ludwigsburg.
Gebunden, Leinen mit Schutzumschlag, 520 Seiten mit über 1.000 Abbildungen,
Karl Krämer Verlag, Stuttgart 1998
ISBN: 3-7828-1510-6


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