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01.01.1999

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Gottfried Böhm

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Der „elder statesman“ der deutschen Architekten
Am 23. Januar 2000 wird der Kölner Architekt Gottfried Böhm, „elder statesman“ der deutschen Architekten, achtzig Jahre alt. Weit davon entfernt, sich in den Ruhestand zu begeben, sprüht er noch immer vor Tatenkraft. „Der Boss“, wie ihn seine drei Architektensöhne respektvoll nennen, mit denen er bereits seit vielen Jahren sein Büro teilt, ist noch immer aktiv. Zwar liegt die Eröffnung seines bislang letzten Werks, der WDR-Arkaden in Köln, bereits mehr als drei Jahre zurück. Doch zur Zeit arbeitet er unter anderem an der Ausführungsplanung für eine Bibliothek in Ulm und für einen Theaterneubau in Potsdam.


Von den Betonskulpturen zur barocken Gebärde
Gottfried Böhm ist der einzige deutsche Architekt, der - vor mittlerweile dreizehn Jahren - den begehrten, als „Nobelpreis der Architektur“ geltenden Pritzker-Preis erhielt. Das unterstreicht seine Ausnahmestellung in der deutschen Nachkriegsarchitektur. Unbeirrt von den jeweils herrschenden Moden ging er von Anfang an seinen eigenen Weg. Wolfgang Pehnt, Autor des noch vor dem runden Geburtstag in der bewährt hohen Qualität der „Studio Paperback“-Reihe bei Birkhäuser erschienenen Bandes über Gottfried Böhm, vermutet einen biografisch-familiären Grund dafür: „Es muß mit der Symbiose der Generationen zusammenhängen, daß die Böhms Abstand zu dem halten, was anderswo geschieht, und den eigenen Weg vorziehen. (…) So haben Gottfried Böhms skulpturale Betonarchitekturen, die in den sechziger und siebziger Jahren entstanden, kaum Parallelen in der zeitgenössischen Architektur. Auch die große, fast barocke Gebärde, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten Gottfried Böhm und seine Söhne sogar bei profanen, privaten Aufträgen leisteten, riskiert kaum ein anderes Architekturbüro im Lande.“ Wie Gottfried Böhm etwa beim Neubau des Mittelrisalits des Saarbrücker Schlosses (1989) die Kubatur des zweihundert Jahre zuvor abgebrannten Traktes aufnahm und dessen Erscheinung mit den Mitteln zeitgenössischer Architektur neu deutete, das hob ihn damals weit über die Masse der häufig stümperhaft dilettierenden Verfechter einer falsch verstandenen Postmoderne.


Ein Meister des Sakralbaus
Wolfgang Pehnt widmet sich in seinem einführenden Essay ausführlich dem sakralen Werk Gottfried Böhms. Waren die frühen, noch gemeinsam mit seinem Vater Dominikus Böhm (1880-1955) ausgeführten Bauten noch vom Geist eines rationalen Wiederaufbaus beseelt, so schuf Gottfried Böhm, der in München neben Architektur auch Bildhauerei studiert hatte, zunehmend plastischere Werke. Mit dem Rathaus in Bensberg (1964-71) und der Wallfahrtskirche in Neviges (1963-72) fand er zu einer eigenen Architektursprache: Wie sich dort die Betongebirge kraftvoll und dennoch sensibel in die Umgebung eingepaßt in die Höhe recken, das war zu jener Zeit einzigartig - und ist es bis heute geblieben. In Neviges fand Böhms expressive Architektur, die er - auch darin die Tradition seines Vaters aufnehmend und an seine Söhne weitergebend - schon in beeindruckenden Kohlezeichnungen auf das Papier gebannt hatte, zu unerreichter Meisterschaft.


Eine neue Note in der Architektur Gottfried Böhms
Das Verwaltungsgebäude für Züblin in Stuttgart läutete vor fünfzehn Jahren „eine Reihe großer Solitäre mit zentralen Glashallen“ (Pehnt) ein, die zu Gottfried Böhms „Markenzeichen“ bis in die frühen neunziger Jahre wurden. Danach fand er zurück zu einer expressiveren, teilweise geradezu pathetischen Architektur - und hatte auch damit Erfolg: Mit der weiterentwickelten Variante seines Entwurfs für die Ota Hall in Japan (1991) gewann er gleich zweimal einen Theaterwettbewerb in Potsdam. Nachdem sein ursprünglicher Neubauentwurf für die Schiffbauergasse nahe dem Havelufer (1995) zunächst aus Kostengründen verworfen und ein Umbau-Entwurf für ein Gebäude am Rand des Schloßparks Sanssouci (1996) favorisiert worden war, entschied sich das Stadtparlament im Sommer 1999 schließlich doch für den Neubau. Mit seinem an Pylonen aufgehängten, geschichteten Schalendach wird er eine neue Note in die Architektur Gottfried Böhms bringen.
(Oliver G. Hamm)


Wolfgang Pehnt
In der Reihe „Studio Paperback“.
Broschur, 176 Seiten, ca. 250 S/W- Abbildungen, Text deutsch / englisch
Birkhäuser, Basel Berlin Boston 1999
ISBN: 3-7643-5965-X


 
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