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01.01.1998

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Die Baumeister des neuen Berlin. Porträts - Gebäude - Konzepte

Bücher im BauNetz


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Erfrischende Sommerlektüre
Gerade dieser Tage, wenn Berlin sich wieder schrill herausputzt, um seine Sommerloch-Touristen zu schweißtreibenden Events auf unzählige „Schaustellen” zu locken, sollten es sich die dem Spektakel Ferngebliebenen so richtig gemütlich machen. Die Sommerlektüre, zu der wir hier raten möchten, vereint drei besonders an heißen Tagen wichtige Vorzüge: Die Portraits der „Baumeister” sind von erfrischender Kürze – zur Zerstreuung ideal, ohne dabei an der Oberfläche kleben zu bleiben – , die Abbildungen stechen klar und präzise, aufgrund des Duotone-Drucks fast eisig aus der gewohnt eitlen Architekturbild-Propaganda heraus, und schließlich paßt das von Dorén + Köster (Berlin) sorgfältig gestaltete Paperback ohne zu verkanten in jede Badetasche hinein.






Siebenunddreißig Köpfe...
...von 30 Architekten bzw. -partnerschaften ziehen in alphabetischer Reihenfolge am Leser vorüber, von William Alsop bis Peter Zumthor. Die Entstehung des Buches muß man sich wohl ganz klassisch vorstellen. Während einer Portraitsitzung versuchten jeweils der Fotograf Erik-Jan Ouwerkerk und im Wechsel die beiden Autoren ein Bild von dem zu gewinnen, der da mitbaut am „neuen Berlin”. Die Portraitfotografien, die jeden Text eröffnen, sind eigentlich schon Grund genug, das Buch zur Hand zu nehmen: So viele nachdenkliche Gesichter stützen sich da auf fein verschränkte Zeichnerhände, knabbern gar versunken Fingernägel, daß es einem vor all dem Ernst fast ein bißchen bange wird. Grübeln Isozaki, Rossi und Perrault tatsächlich an denselben Fragen herum? Wären da nicht der jugendliche Hans Kollhoff, das etwas weltvergessene Lächeln seines Kontrahenten Daniel Libeskind und vor allem die (wenigen) Frauen – man wäre geneigt, die „Baumeister” zwar durchweg für interessante Köpfe, das „neue Berlin” aber für ein eher freudloses Unterfangen zu halten.




Ihre Sprache ist nicht immer Architektur
Ein geschriebenes Portrait setzt voraus, daß der Betreffende etwas zu sagen hat, selbst aber nicht über Gebühr zu Wort kommt, denn was ist schon ermüdender als abschnittsweise Architektenprosa im O-Ton? Die Autoren sind unterschiedlich damit umgegangen: Beide hüten sich davor, selbst in Jargon zu verfallen. Wenn aber Christina Haberlik allzu oft und lange die Portraitierten in direkter Rede wiedergibt, und dann zum Beispiel Helmut Jahn, als sei er einer aus der Software-Werbung, erzählen darf, daß „die findigsten Leute immer die sind, die die Regeln brechen”, dann ist es wieder mal Zeit, zu einem der von Gerwin Zohlen verfaßten Portraits zu wechseln.




Die kulturellen Fundamente
Ob das nun feuilletonistisch zu nennen wäre oder nicht (immerhin schreibt Zohlen ansonsten unter anderem für die „Zeit“), der Autor erklimmt eine Meta-Ebene nach der anderen, und das mit beträchtlichem Gewinn. Direkte Äußerungen der Architekten, eigene Beobachtungen am Bau und viel Bildungsgut fließen bei seinen Portraits zusammen. Sie weiten den Blick auf die Debatten in und um Berlin nach 1989, in denen sich die Architekten positionieren mußten, um schließlich als „Baumeister” mitbasteln zu dürfen. Der 1994er Architekturstreit über die „neue Konvention” im Gewand steinerner Fassaden, die Frage danach, was es heißen könnte, „konservativ” zu sein und was „modern”, das „Planwerk Innenstadt” – immer wieder klingt an, was den Architekten auf kulturellem Terrain die Richtung vorgab. Daß dabei die trockene Realität maximaler Flächenausreizung und Profitorientiertheit zugunsten feinsinniger Erörterungen über den urbanen Charakter dieses oder jenes Projekts auf der Strecke bleibt, ist den Autoren kaum anzulasten. Es wäre der Stoff eines noch zu schreibenden Buches, das dann wohl weniger zur Zerstreuung am Badestrand zu empfehlen sein dürfte.
(Oliver Elser)

Christina Haberlik, Gerwin Zohlen
Klappenbroschur, 18 x 28 cm, 208 Seiten mit 188 Duotone-Abbildungen (Portraitfotos von Erik-Jan Ouwerkerk)
Nicolai Verlag, Berlin 1997
ISBN: 3-87584-657-5


 
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