Architektur Stadt Salzburg? ...fragte Roman Höllbacher, Mitgründer des Salzburger Forums - der initiative architektur -, in der Erstausgabe und meinte wohl, es sei ein provokativer Titel für ein Buch, das lediglich rund zehn Jahre vom Baugeschehen einer Stadt zu zeigen sucht.
Nun, Höllbacher hat sich damit auf jene Salzburger Architektur-Zeit bezogen, die anregend und weit über die Stadtgrenzen hinaus gewirkt hatte und von der die Stadt auch einige Jahre profitierte: das „Salzburgprojekt“ ab 1982. Damals hatte ein unbequemer Stadtrat, Johannes Voggenhuber, mit basisdemokratischen Fragestellungen zu Stadtplanung, Urbanität und dem Bauherrn Demokratie eine „Architekturreform“ als Ergebnis und den „Gestaltungsbeirat“ als korrigierendes Instrument erreicht.
Daß die Stadt auch nach dem Ende des „Salzburgprojekts” weiterhin bemerkenswerte Bauten hervorbringt und vom einmal bereiteten Boden durchaus noch zu zehren vermag, darum ging es den Herausgebern des Architekturführers 1994, und darum geht es ihnen auch noch 1998. Das Buch konnte eben aus diesem Grund von 80 auf 115 Projekte erweitert werden. Es sei nicht ausschließlich eine Präsentation von „Meisterstücken“, so die Herausgeber, sondern zeige auch Bauten, die „nur“ das Erscheinungsbild der Stadt prägen.
Nach genau jenen legendären Salzburg-Projekten allein zu suchen, hat Tücken. So könnte man auch eine Geschichte der Blamagen schreiben, denn einige der besten Projekte der Stadt sind die nichtrealisierten und die abgewürgten. Von Hans Holleins Guggenheim-Idee könnte gesprochen werden, von Alvaro Sizas Vorschlag zur Erweiterung des Casinos oder auch von Juan Navarro Baldewegs Kongreßhausprojekt, einem aktuellen Beispiel.
Es scheint, als hätte die Stadt reichlich Talent, Größen anzuziehen, um sie dann mit Nichtachtung zu strafen. Eben jene Projekte fehlen in der Auswahl, vielleicht um sich keine Blöße zu geben, vielleicht um zu zeigen, daß trotzdem Interessantes entsteht: die Industriebauten von Bétrix & Consolascio sind es oder auch die zahlreichen Objekte des Büros Halle 1. Es soll um realisierte Architektur gehen. Und der beste Beweis: Projekte aus der ersten Auflage, die dort noch in Form von Zeichnungen gezeigt wurden, sind nun als Gebautes zu sehen. Der Nachspann mit 30 Gebäuden aus diesem Jahrhundert wurde unverändert übernommen, sie bilden die Rahmenhandlung für neue Architektur in Salzburg.
Es ist die dritte Auflage; das Buch ist also erfolgreich, weil es die bewegten achtziger Jahre dokumentiert und die Nachfolgemodelle der neunziger zeigt. Und auch, weil es graphisch ansprechend gestaltet ist. Briefmarkengroße Fotos sind zwar Standard in diesen Formaten und vor allem den praktikablen Buchgrößen geschuldet, doch wurden hier je ein Lageplan, Grundriß, Schnitt oder eine Ansicht in durchgängiger Systematik angefügt. Die dreifache Darstellung durch Bild, Zeichnung und Text schafft anschauliche Kurzporträts.
Die knappen Texte treffen Kernaussagen, die durch Angaben zu Planungs-, Bauzeiten und Nettonutzflächen ergänzt werden. Von Halle 1 entworfene Piktogramme ordnen die Einträge in Typologien ein, und die Adressen und Gebäudenummern lassen sich im beigefügten Stadtplan mühelos wiederfinden. „Architektur Stadt Salzburg“ ist ein angemessener Führer zur neueren Architektur; für die barocke Kulisse ist ohnehin der Dehio kompetent, und für vertiefende Fragen zum „Salzburgprojekt“ ist es die weiterführende Literatur.
Die „durchschnittliche“ Qualität der Salzburger Bauten, die - wie Rita Capezzuto im Nachwort feststellt - aus einer Schnittmenge von rationalistischen und poetischen Quellen entsteht, läßt sich so jedenfalls bestens verfolgen.
(Eva Maria Froschauer)
Roman Höllbacher u.a.
Erschienen in der edition initiative architektur. Herausgegeben in Zusammenarbeit mit Ernst M. Klock, Andreas Schmidbaur, Ursula Spannberger.
Dritte, wesentlich erweiterte Auflage, kartoniert, 12 x 28 cm, 140 Seiten, ca. 140 S/W-Fotos von Fritz Lorber, 315 Pläne und Skizzen, Stadtplan
Verlag Anton Pustet, Salzburg 1998
ISBN: 3-7025-0312-9