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01.01.2004

Architektur in Berlin 1933-1945.
Ein Stadtführer

Bücher im BauNetz


Die Architektur der Nazizeit wurde, bis weit in fachliche Kreise hinein, lange Zeit allein mit der maßstabslosen Monumentalität der Speer-Entwürfe für Berlin und Nürnberg identifiziert. Das Feindbild war klar umrissen, eine empörte Distanzierung selbstverständlich - und auch wohlfeil.

Seit Jahren wissen Forschung, Kunstwissenschaft und Baugeschichte, dass die deutsche Architektur der Jahre 1933 bis 1945 nicht auf die vermeintlich so bekannten und eng umgrenzbaren Speer-Muster zu reduzieren ist. Zahlreiche Autoren, von Teut über Durth/Gutschow bis zu Nerdinger und Schäche haben nachgewiesen, dass diese Architektur vielmehr aus einer vielschichtigen Parallelität mehrerer Strömungen und Traditionen bestanden hat - Kontinuitäten aus der voran gegangenen Epoche ebenso einschließend wie solche, die in die Nachkriegsarchitektur weisen.

Inzwischen gilt diese differenzierte Sichtweise sogar fast schon wieder als Binsenweisheit, so dass man am liebsten wiederum hieran rütteln und eben doch einen gewissen gemeinsamen Kanon an Formen und Haltungen ausmachen wollte. Jedenfalls sind Bauten der Nazizeit mit viel Seherfahrung im Stadtbild relativ leicht zuzuordnen und zu datieren - auch wenn die Unterscheidungsmerkmale zu ähnlichen Bauten anderer Epochen nur winzig sein mögen.


Der Autor des vorliegenden Bandes hält sich auf der sicheren Seite des aktuellen Forschungsstandes. Mehr noch: Er bündelt in seinem klugen Einleitungsaufsatz die Einflussgrößen der Architektur jener Jahre in drei Hauptströmungen: in die monumentale, die funktionalistische und die traditionalistische Bauweise. Zu allen Strömungen nennt er Vorgänger und Vorbilder. Mit dieser Unterteilung kann man leben; sie deckt die vorhandene Bandbreite ausreichend ab.

Etwas verwundert liest man nach dieser meinungsfreudigen Hinführung dann die meist im Stile einer Baubeschreibung rein deskriptiv gehaltenen Texte zu den einzelnen Bauten, in denen der Autor sich nicht mehr die Mühe macht, die gefundenen Kriterien anzuwenden und die Bauten den genannten Strömungen zuzuordnen. Hier wechselt die stilkritisch-politische Betrachtung zu der Sichtweise eines Denkmal-Inventarisierers. Das muss kein Nachteil sein, sei aber angemerkt.

86 Objekte aus dem Stadtgebiet Berlins hat der Autor sich ausgesucht; die Aufbereitung des Buches entspricht bewusst dem Genre „Architekturführer“, auch wenn es für das ganz leichte Reisegepäck etwas zu schwer geraten ist. Wert wurde offenbar auf „die gute Mischung“ gelegt: Bekanntes neben Unbekanntem, Sachlich-Technisches neben Monumentalem neben Heimatschutz, Spandau neben Zehlendorf.

Herausgekommen ist eine Zusammenstellung von beachtlichem Informationswert und großer Anschaulichkeit weit über Berlin hinaus; aussagekräftige Bücher über die Architektur der Nazizeit sind häufig regionaler Natur. Somit ist es auch für Leser zu empfehlen, die keinen engen Bezug zur deutschen Hauptstadt haben.

Ein perfektes Layout, durchweg gute Fotos - immerhin 350 Stück! -, sauber recherchierte Daten und eine immer klare Sprache sind die weiteren Vorzüge dieser gediegenen Veröffentlichung, die zudem mit knapp dreißig Euro erfreulich erschwinglich kalkuliert ist.
(Benedikt Hotze)

Matthias Donath
Festeinband, 21 x 26 cm, 255 Seiten, 350 Abbildungen, 29,80 Euro
Lukas Verlag, Berlin 2004
ISBN: 3-936872-26-0


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