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05.05.2015
Roma Rotunda
Bücher im BauNetz
Von Sophie Jung
Der Becher-Schüler Thomas Ruff hat in den achtziger Jahren Menschen portraitiert. Immer wieder hat er die Kamera auf die gleiche Höhe des Gesichts gehalten, der Ausdruck seiner Modelle war stets derselbe, stets streng. Was der Betrachter von Ruffs Bildern zunächst sieht, ist eine vermeintliche Neutralität. Aus der Wiederholung seiner Portraits aber schimmert dann doch das Individuelle jedes Gesichts besonders hervor. Ein schöner Effekt, mit dem nicht nur Ruff, sondern eine ganze Fotografengeneration, die Schüler von Hilla und Bernd Becher, bekannt wurde. Der visuellen Repetition bedient sich auch Jakob Straub in seinem neuen Buch „Roma Rotunda“. Doch fotografiert dieser keine Gesichter, sondern Kuppeln. Dafür hat er sich in die Kapitale der Kuppelbauten begeben: Rom.
Seiner Sammlung wohnt glatt schon eine Provokation inne: Ohne historische oder typologische Zuordnung – ob Kirche, Tempel oder Sportpalast, Antike, Barock oder Gegenwart – hat Straub quer durch die Architekturhistorie Roms für sein Buch 36 Kuppeln zusammengetragen. Einzig die Ähnlichkeit ihrer Form verbindet sie. In einem Leporello hintereinandergereiht, eines je Doppelseite, erscheinen sie in immer der gleichen Art der Darstellung.
Straub fotografiert analog und mit verschiedenen Belichtungszeiten. Die Kuppel des Pantheons, die des Renaissance-Tempiettos von Bramante oder die einer modernen Moschee, werden in diesem Buch zu einem neuen, neutral belichteten Ganzen. Größe und Raum der Architektur spielen hier keine Rolle mehr. Die gewölbten Konstruktionen ordnet Straub dem zweidimensionalen Bild unter. Und während das Bauwerk selbst in seiner Fotografie verschwindet, Höhe und Breite der Kuppeln nicht mehr gelten, gleitet der vergleichende Blick des Betrachters friedlich über die vielen Kreisformen. Wie in der Fotografie der Becher-Schule auch, tritt nun aus der vermeintlichen Gleichförmigkeit etwas wesentliches aus jedem einzelnen Bild hervor: der ganz schlichte Verputz der frühchristlichen Rotunde von Santa Constanza, die kräftigen Rippen der barocken Kirche Santa Maria di Loretto oder die auf jedem dieser Fotos abzulesende Dramatik im Kuppelzentrum, vor allem in demjenigen des Pantheon. Am höchsten Punkt seines Gewölbes ist nämlich – nichts.
Roma Rotunda
Jakob Straub
Hatje Cantz, 2015
Text von Mark Gisbourne
Deutsch, Englisch
45 Euro
www.hatjecantz.de
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Santa Maria di Loreto, 1507–82, Antonio da Sangallo der Jüngere, Giacomo del Duca
Tempietto di Bramante, 1502–10, Donato Bramante
Pantheon
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