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21.12.2013

Hugh Maaskant: Architect of Progress

Bücher im BauNetz


Neutelings Riedijk, West 8 und OMA – sie alle sind in seinen Gebäuden zu Hause. Und auch sonst sind Rotterdam und die Niederlande ohne seine Gebäude nicht vorstellbar. Die Rede ist von Hugh Maaskant (1907-77), dem Architekten, der mit seiner Produktivität nicht nur bis in die siebziger Jahre das niederländische Baugeschehen dominierte, sondern der auch als Taufpate des dortigen Architekturwunders der letzten Jahrzehnte gilt.

Einen Architekten des Fortschritts nennt die Historikerin Michelle Provoost in ihrer gerade erschienenen Monographie den Architekten und verortet ihn damit zunächst unmittelbar im Kontext der Nachkriegszeit. Die Aufbruchsstimmung und der Optimismus jener Zeit ermöglichten in der niederländischen Architektur besonders radikale Lösungen und gaben Maaskant die Freiheit, neben vielen unscheinbaren Bauten auch seine Vorstellung einer wirklich zeitgenössischen Architektur zu verwirklichen. Nichts wird hier verkleinert oder verhübscht; streng und repetitiv sind seine zahllosen Hotel-, Verwaltungs- und Fabrikgebäude, zugleich aber auch formal perfekt und manchmal sogar ein wenig kapriziös.
Maaskants Stilsicherheit war zugleich aber auch das Resultat einer Haltung, die nicht an den unmittelbaren Beitrag von Architektur zum sozialen Fortschritt glaubte.

Im Gegenteil, für den lebenslangen Sozialdemokraten war Architektur immer nur in ihrer Abhängigkeit zur übrigen Gesellschaft zu verstehen, deren Wandel letztlich nur politisch zu erreichen war. Architektur, das war für Maaskant laut Koolhaas etwas Überflüssiges, dessen Potential bestenfalls darin bestand, die Menschen durch eine „monumentale Überhöhung des Alltäglichen“ (Provoost) zu inspirieren. Das erklärt die große Masse seiner Bauten, aber auch die besondere Klasse einzelner Werke wie das Provinciehuis in Den Bosch, das Johnson Wax Building in Utrecht oder das Pier in Scheveningen. Kein Wunder, dass Maaskant, geboren 1907, mit dieser Haltung nach seinem Tod 1977 in einer besonders politisierten Phase der Architektur ziemlich schnell in Verruf geriert.

Wie vielen seiner Zeitgenossen warf man auch ihm vor, mit seinen selbstreferentiell-expressiven Betonbauten die sozialen Ideale der Moderne verraten zu haben. Erst Ende der achtziger Jahre änderte sich das, als die Generation um Rem Koolhaas, Winy Maas und Adriaan Greuze im mondänen Maaskant eine Art Vorbild entdeckten. Nach dem Fall der Mauer kehrte der Fortschritt zurück auf die Weltbühne, und Maaskants Position lehrte sie, wie man sich gleichzeitig progressiv fühlen und dabei schön und vor allem viel bauen konnte. Ironisch ist aber auch, dass Maaskant seit seinem Tod vor allem auch als Stifter des Rotterdam-Maaskant-Preises relevant blieb, mit dem er, der sich zeitlebens zumindest offiziell jeder theoretischen Diskussion enthielt, die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der sozio-kulturellen Dimension von Architektur fördern wollte.

Michelle Provoost, Mitbegründerin des Historikerinnen-Büros Crimson, präsentiert nicht nur Maaskants Œuvre so detail- wie umfangreich, sondern diskutiert anhand von Schlüsselbauten auch die Bedeutung seiner Architektur hinsichtlich verschiedener Aspekte der Nachkriegszeit, vom Massentourismus über die Anfänge des Dienstleistungsökonomie bis hin zu einer der ersten Fußballakademien des Profisports. Provoosts Sprache und Argumentation erreicht dabei eine Plastizität, die der Arbeit dieses außergewöhnlichen Architekten in nichts nachsteht. Abgerundet wird das Buch durch Fotografien von Iwan Baan, die den heutigen Zustand von Maaskants wichtigsten Bauten dokumentieren und zeigen, dass sie sich allesamt sehr gut gehalten haben. (Stephan Becker)

Hugh Maaskant:
Architect of Progress
Text von Michelle Provoost,
Fotografien von Iwan Baan
nai010 publishers, 2013
Hardcover, 416 Seiten,
Englisch, 49,50 Euro

www.nai010.com


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