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05.12.2013
Grüntuch Ernst: Dialoge
Bücher im BauNetz
Das Haus am Hackeschen Markt war ein Versprechen: Als Berlin noch unter dem steinernen Regime des einstigen Senatsbaudirektors Hans Stimmann stand, gelang hier eine Architektur, die radikal anders war als der Mainstream jener Zeit. Modern und transparent, aber auch eleganter und leiser als die beflissen-brave Glas-und-Stahl-Architektur im übrigen Deutschland – ein Hauch von Japan in Berlin, vis-à-vis der damals gerade fertig gestellten Neuen Hackeschen Höfe in ihrem historisierenden Gewand. Den beiden jungen Architekten Armand Grüntuch und Almut Grüntuch-Ernst war es offensichtlich gelungen, ihren Entwurf an der offiziellen Doktrin vorbei zu realisieren. Und stolz stand das Haus nun an der prominenten Ecke, davon kündend, dass sich die Zeiten auch wieder ändern würden.
In ihrer Monografie „Grüntuch Ernst: Dialoge“ berichten die beiden Architekten, wie es damals losging mit ihrer Arbeit in Berlin. Unbelastet von den Grabenkämpfen der Nachwendezeit und erfüllt von der Leichtigkeit des englischen Hightech-Szene, die sie in London aufgesogen hatten, gingen sie auch in Berlin ans Entwerfen, wie ihr Beitrag für den Reichstags-Wettbewerb eindrucksvoll zeigt.
Um solche Hintergründe geht es im einführenden Gespräch der Architekten mit den beiden Herausgebern des Buchs, Ilka und Andreas Ruby, das in seinem persönlichen Ton auch die Richtung der gesamten Monografie vorgibt. Hier geht es nicht um eine hübsch polierte Oberfläche, sondern um die Geschichten hinter den Projekten. Bei deren assoziativer Präsentation wird aus dem Dialog dann ein Zwiegespräch zwischen den beiden Partnern. So gibt „Dialoge“ auch Auskunft über die Vielschichtigkeit ihrer Zusammenarbeit.
Auf Initiative der Herausgeber wurde dieser persönliche Ansatz durch zwei künstlerische Auseinandersetzungen mit der Arbeiten des Büros gespiegelt. So reflektieren die Bilder des jungen dänischen Malers Asmund Havsteen-Mikkelsen schon in ihrem Entstehungsprozess den konstruktiven Moment des Bauens und zeigen so auch, woraus die Räume eigentlich bestehen. Die Fotografien von Heji Shin beschäftigen sich dagegen mit dem Leben, das in diesen Räumen möglich ist. Keine kühle Strenge um ihrer selbst willen zeigt sich da, sondern eine Architektur, die für alle Wendungen des Lebens wie für die Einflüsse der Umgebung, des Lichts oder der Jahreszeiten offen zu sein scheint. Texte und Interviews zu und mit den Künstlern von Kristina Herresthal und Jeanette Kunsmann runden diesen Teil des Buches ab.
Der persönliche Zugang zum Buch funktioniert dabei überaus gut, ein wenig ist es, als säße man mit den Herausgebern, Künstlern und Architekten ganz privat zum Gespräch am Küchentisch. Diese Nähe erzeugt zudem einen interessanten Effekt, lässt sie doch die Bauten in größerem Maßstab, die Schulen in und um Berlin, das Büro in Hamburg oder den Bahnhof in Chemnitz beispielsweise, in besonderer Weise hervortreten. Und als Leser kommt einem da plötzlich der Gedanke, dass sich die Qualität der Architektur von Grüntuch Ernst so richtig erst in den besonderen Bauaufgaben zeigt. Ihre privaten Projekte sind schön, präzise und gut gemacht, aber in ihren öffentlichen Bauten, und dazu zählt unbedingt das Haus am Hackeschen Markt, scheinen immer wieder Aspekte auf, die über die Gebäude selbst weit hinaus weisen.
So trägt das wunderschöne Buch auch das Versprechen eines weiteren Bandes in sich, der noch stärker auf die öffentliche Seite der Architektur von Grüntuch Ernst fokussiert. (Stephan Becker)
Grüntuch Ernst: Dialoge
Herausgegeben von Ilka und Andreas Ruby
Bilder von Asmund Havsteen-Mikkelsen
Fotografien von Heji Shin
Texte von Kristina Herresthal, Jeanette Kunsmann
Distanz Verlag, Berlin 2013
Hardcover, 376 Seiten
deutsch oder englisch
49,90 Euro
Zu den Baunetz Architekt*innen:
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Cover, Bild von Asmund Havsteen-Mikkelsen
Continuum, Asmund Havsteen-Mikkelsen, Öl auf Leinwand 130 x 100 cm
Fotografie von Heji Shin
Doppelseite Auguststraße
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