Wolfgang Bachmann, langjähriger Chefredakteur des Baumeister und heute dessen Herausgeber, ist eine Edelfeder der Architekturkritik. Diese langsam aussterbende Spezies kann nicht nur brillant über Architektur schreiben, sondern haut auch mit mildem Spott mal kleinere, mal größere Gemeinheiten raus. Immer wieder schön, wie BCH in seinem früheren Leben unter einem Pseudonym boshafte Städteportraits über die Architekturszene in Käffern wie Braunschweig oder Kaiserslautern ablieferte – da kriegten die lokalen Bau-Platzhirschen reihenweise ihr Fett weg. Auch unvergessen, wie er die Mutter Courage der Berliner Architektur einmal als „naturidentisch gebräunt“ beschrieben hatte. Und nicht mal der Kollege, der ihm gegenüber saß, kriegte mit, dass er selbst gemeint war, als Bachmann über einen Kollegen schrieb, der ihm gegenüber saß und, nun ja, nicht besonders gut roch.
Dagegen ist das, was BCH heute macht, fast als altersmilde zu bezeichnen: Die Kolumne „Drinnen“, die zunächst für den Wochenendteil der Süddeutschen Zeitung entwickelt worden war und heute im Blog des Baumeister weiterlebt, diese Kolumne also spießt Alltagsbeobachtungen aus der Bau- und Wohnszene auf. Die kurzen Stücke reißen ihr Thema jeweils nur an – „und dennoch gelingt das, was eine gute Kolumne seit jeher ausmacht: Sie öffnet die Augen.“ Das jedenfalls schreibt Zeit-Kolumnenschreiber Harald Martenstein im Vorwort zu „Drinnen – 77 Beobachtungen zwischen Tür und Angel“.
Bachmann schreibt über katholische Ehebetten, zusammenbrechende Plastik-Spiegelschränkchen, spritzende Handwaschbecken und nischenartige Teeküchen. Mal ist es die Tücke des Objekts, die angeprangert wird; mal ist es eine Art Geschmacksratschlag im Sinne einer Wohnfibel, den BCH uns erteilt. Immer ist es plausibel, oft komisch, manchmal sentimental, gelegentlich auch mal trutschig. Somit eigentlich perfekt passend für das „Wochenende“ der SZ. Warum die Kolumne dort nicht mehr ist, werden wir BCH beim nächsten Mal zwischen Tür und Angel fragen. (-tze)
Wolfgang Bachmann: Drinnen
77 Beobachtungen zwischen Tür und Angel
Mit einem Vorwort von Harald Martenstein
Eisenhut Verlag, Hagen-Berchum, 2013
Broschur, 162 Seiten, 12,90 Euro
Zum Thema:
www.eisenhutverlag.de
