„Die perfekte Dokumentation des gebauten Nierentischs in allen Variationen“ – das ungefähr ist der erste Eindruck bei der Durchsicht dieses Buches. „Adenauer, Fräuleinwunder, Herrenzimmer“ – und das sind die Assoziationen, die dem Verlag Schirmer Mosel kommen, wenn es um die fünfziger Jahre geht. Doch dann heißt es dort weiter: „Dass die Architektur der Wirtschaftswunderzeit mehr zu bieten hat als den Mief der Nierentisch-Ära, davon gibt nun der Band ‚Karl Hugo Schmölz: Köln – Architekturfotografie der Fünfziger Jahre‘ eindrucksvoll wie überraschend Zeugnis.“
Das Buch stellt erstmals gesammelt die Architekturfotografien von Karl Hugo Schmölz (1917-1986) vor. Es begleitet eine Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Bonn, die das mehr als 35 Jahre umfassende Schaffen des Kölner Fotografen erstmalig in einer großen Präsentation würdigt. Nochmals der Verlag: „Das fotogeschichtlich fehlende Bindeglied zwischen der Neuen Sachlichkeit und deren Fortsetzung als konzeptuell aufgefasste Fotografie durch Bernd und Hilla Becher scheint mit der Entdeckung der Fotografien von Schmölz gefunden zu sein.“
Während der Jahre des Wiederaufbaus schuf Karl Hugo Schmölz im Auftrag für Architekten und Bauherren eine eindrucksvolle fotografische Dokumentation der Entwicklung von Architektur und Design jener Zeit: Stadttheater, Kinos und Opernhäuser, Verwaltungsgebäude, Sitzungssäle, Büroflure, Sparkassen, Tankstellen, Autohäuser, Ladenzeilen und Geschäfte, Mode- und Möbelhäuser, den Bahnhof, Werkshallen, selten Privathäuser, aber immer wieder elegant geschwungene Treppenaufgänge. Schmölz’ technisch perfekte Architekturbilder belegen einen zeitgenössischen Stilwillen, der sich buchstäblich aus dem Trümmermeer des zerstörten Kölns erhob. In formal strengen Innen- und Außenaufnahmen, aufgenommen mit einer riesigen Plattenkamera bei Tag und bei Nacht, zeigt der Fotograf mit einem unpathetischen Blick den ästhetischen Reiz der realisierten technischen Leistungen funktionaler Architektur – ohne dabei auf eine wohltemperierte Bildatmosphäre zu verzichten. Für seine spezielle Beleuchtungstechnik, bei der er wie ein Lichtmeister auf der Bühne akzentuierende Lichter ohne erkennbare Lichtquelle setzt, war er weit über Deutschland hinaus bekannt.
Karl Hugo Schmölz - Köln
Architekturfotografien der Fünfziger Jahre
Hrsg. v. Franz van der Grinten und Thomas Linden
Mit Texten von Ulf Erdmann Ziegler und Thomas Linden
Verlag Schimer Mosel, München 2012
Hardcover, 176 Seiten, 127 Duotone-Tafeln
49,80 Euro
Zum Thema:
www.schirmer-mosel.de