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22.06.2012

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Architekturfotografie

Bücher im BauNetz


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Ein Mann kauert sich vor ein Stativ und wirft sich ein schwarzes Tuch über den Kopf. Er drückt auf den mechanischen Drahtauslöser und macht das Foto. Was wie ein Slapstick aus der Stummfilmzeit wirkt, ist bis heute Realität in der professionellen Architekturfotografie. Die Fotografen benutzen eine vollverstellbare Fachkamera, mit der sie Planfilmdias von 4x5 inch Größe belichten – fast so groß wie eine Postkarte.

Vollverstellbar heißt: Man kann mit diesen Kameras nun wirklich alle stürzenden Linien auf optisch-mechanischem Wege beseitigen. Das schwarze Tuch brauchen sie, um das Motiv auf der Mattscheibe erkennen und beurteilen zu können. Und Planfilmdia heißt: Sie arbeiten auf analogem Material, das sie erst nach Aufnahme und Entwicklung digitalisieren (lassen). Digitalisierung ist heute in jedem Fall erforderlich, sei es für die Druckvorstufe oder nur für die simple Beamer-Präsentation.
 
So etwa ist die bisherige Arbeitsweise eines professionellen Architekturfotografen beschrieben. Ein neues Buch, das allerdings nicht wirklich neu, sondern schon vor zwei Jahren in einem anderen Verlag erschienen ist, tritt nun optisch aufgewertet bei einem bekannten Architekturbuch-Verlag an – mit dem Anspruch, ein Arbeitshandbuch der Architekturfotografie zu sein. Es weckt also die Erwartung, den Leser in die neue Welt der digitalen Fotografie-Technik mitzunehmen. 

Doch trotz seiner opulenten Fülle an Texten und Bildern löst es diesen Anspruch nicht ein. Die Autoren propagieren im Digitalzeitalter ein ungerührtes „Weiter so“. Sie nehmen die digitale Realität zwar zur Kenntnis, aber sie folgern zu wenig daraus. Sie ignorieren aktuelle technische Entwicklungen, um ihre herkömmliche Arbeitsweise als aktuell zu verkaufen. Das soll hier technisch erläutert werden.
 
In der Wahrnehmung der Autoren ist Architekturfotografie mit der Kleinbildkamera nur etwas für Amateure. Der Profi verwendet hingegen die genannte Fachkamera. Leider, so die Autoren, sind die Digitalrückteile für solche Fachkameras furchtbar teuer, schon bald wieder technisch überholt und vom Format her dennoch viel zu klein. Dies ist zwar völlig richtig beobachtet, führt aber zum falschen Schluss – nämlich zu der genannten Arbeitsweise mit Analogmaterial.
 
Die Autoren ignorieren, dass es heute Shiftobjektive für digitale (oder auch analoge) Kleinbildkameras gibt, die um Dimensionen besser sind als die Linsen von einstigen Pionieren wie Nikon oder Schneider-Kreuznach, die in den Siebziger- und Achtzigerjahren entwickelt wurden. Namentlich vom Hersteller Canon gibt es heute neue 17-mm- und 24-mm-Tilt-und-Shift-Objektive, von denen zwar jedes soviel kostet wie eine gesamte gehobene Amateurausrüstung, die aber beide von überragender Qualität sind. Auch Nikon hat neu gerechnete Tilt-und-Shiftobjektive im Programm. Diese Objektive sind für Architekturanwendungen gezüchtet und bilden absolut verzeichnungsfrei ab (gerade Linien werden also nicht gekrümmt dargestellt). Sie liefern in Verbindung mit einer Spiegelreflexkamera, die mit einem so genannten Vollformatsensor ausgestattet ist, bereits beachtlich hochauflösende Architekturfotos. Benutzt man dazu noch einen Adapter des Herstellers „proPsolution“, bei dem das Objektiv auf dem Stativ fixiert und die Kamera bewegt wird, kann man ein Bild aus überlappenden Einzelaufnahmen digital so zusammennähen, dass man extreme Bildwinkel und Rohdaten pro Bild von 120 Megabyte erhält. Mehr geht nicht. In keinem System, auch nicht mit der Fachkamera.
 
Das Buch leistet also nicht die wichtigste Abwägung, die ein ratsuchender Leser hier zu finden hofft, nämlich die Frage „In welches System soll ich investieren?“. Es empfiehlt vielmehr ohne Diskussion ein System, das gerade stirbt. Mit einem solchen Arbeitshandbuch kann niemand zufrieden sein, zumal die gebrachten Bildbeispiele in den meisten Fällen auch noch architektonisch so wenig anregend sind. (-tze)
 
Axel Hausberg, Anton Simons
Architekturfotografie
. Handbuch und Planungshilfe
Mit weiteren Beiträgen von Christoph Gößmann und Florian Meuser
225 × 280 mm, 288 Seiten, über 200 Abbildungen
Hardcover mit Gummiband, 68 Euro
ISBN: 978-3-86922-192-2
DOM Publishers, Berlin 2012
 


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

2

Titelgucker | 25.06.2012 08:52 Uhr

Architekturphotographie

Die schlechte Rezension hat mich nicht überrascht. Schon das Titelbild ist kein richtiges Architekturphoto. Wie soll ich mir ein Bild von Architektur machen, wenn der Sockel fehlt? Den Fehler machen sonst nur Makler beim photographieren.

1

PETER THIEME. DOKUMENTARFOTOGRAFIE | 24.06.2012 14:24 Uhr

Publikation.Architekturfotografie

Wer sich zu diesem Thema profund orientieren möchte, dem sei „Architektur abbilden“ von Wilfried Dechau empfohlen. Das Buch gibt es leider nur noch antiquarisch.
Natürlich bezieht sich der technische Teil des Buches auf die heute in der Praxis kaum noch verwendete analoge Fotografie. Aber um zeitbezogen digital zu arbeiten, greift man auf ein Photoshop-Handbuch(z.B. von Sibylle Mühlke) zurück.

 
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