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19.03.2012

Socialist Architecture: The Vanishing Act

Bücher im BauNetz


Es scheint, dass derzeit kaum ein Sujet mehr Fotografen und Autoren anzieht, als die gebauten Reste des Ostblock-Sozialismus. So hat die österreichische Fotografin Hertha Hurnaus die Slowakei bereist und daraus das Buch „Eastmodern“ gemacht, der Slowene Roman Bezjak fotografierte die Stadtlandschaften des Sozialismus von Halle/Saale bis nach Kharkiv (Ukraine) und nannte sein Buch „Socialist Modernism – Archäologie einer Zeit“. Der Niederländer Jan Kempenaers hatte sich hingegen bei „Spomenik: The End of History“ ganz auf die Kriegsdenkmäler in Titos Jugoslawien konzentriert und ihren Verfall dokumentiert. Und als Fotograf mit den meisten Reise-Meilen kann der Franzose Frédéric Chaubin gelten. Er ist durch die Randzonen und Satellitenstaaten der ehemaligen UdSSR gefahren, um die monumentalen Einzelbauwerke dort zu fotografieren und in „CCCP – Cosmic Comunist Constructions Photographed“ zu veröffentlichen.

Wenn nun also der Berliner Fotograf Armin Linke und der aus Belgrad stammende Architekt Srdjan Jovanovic Weiss ein weiteres Buch vorlegen, in dem die sozialistische Architektur Ex-Jugoslawiens und ihr „gegenwärtiger Zustand“ gezeigt wird, dann fragt man sich unweigerlich zwei Dinge. Erstens: Was gibt es darüber noch Neues zu berichten? Zweitens: Wieso tragen diese Bücher so dramatische Titel? Denn dramatisch sind die teilweise ruinösen Bauten – obwohl einst große städtebauliche Gesten – nur bedingt. Sieht man diese einst so mächtigen Strukturen heute, läuft einem dennoch ein leichter Schauer über den Rücken: von Moos bewachsen, vom Regenwasser fleckig geworden, die Fugen aufgeplatzt. Die Fotos von Armin Linke sind erwartungsgemäss hervorragend; meist bleiben sie verlassen – nur selten tauchen Menschen oder Flugzeuge auf, die geisterhaft verloren wirken.

Was aber gibt es Neues? Diese Gebäude verfallen, weil sie nicht nur Zeugen, sondern teilweise Repräsentanten eines Gemeinwesens sind, das in einem grauenhaften Krieg implodiert ist und dessen Schatten kaum zwanzig Jahre später noch immer dunkel über den  Nachfolgestaaten liegt. Es scheint selbstverständlich, dass es bei vielen Bauten kaum Interesse gibt, sie zu pflegen. Die Autoren schreiben, nach dem Ende Jugoslawiens hätte man „in Kauf genommen, dass die Baudenkmäler entweder für neue Zwecke verwendet oder zu sozialistischer Archäologie erklärt wurden – was im letzteren Fall einer Verurteilung zu einer Existenz als Ruine gleichkam.“ Weiter wird eine „gewisse  Ratlosigkeit“ konstatiert, wie mit dieser Vergangenheit umgegangen werden soll“. Nur wenige Ausnahmefälle wie das „Makedonium“ sind gepflegt und benutzt.

Leider wird zu den Gebäuden keinerlei historisches Material gezeigt, keine Aufnahmen von früher, keine Pläne, keine Texte. Das Buch konzentriert sich in 79 Bildern ganz auf den heutigen Zustand, die Auflösung bzw. das Verschwinden dieser Architektur. Darin gleicht es den anderen Publikationen. Fast wünscht man sich inzwischen eine Ausstellung, die diese Positionen nebeneinander versammelt, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu zeigen. Man könnte dann vielleicht auch die Gründe erforschen, warum sich derzeit so viele Fotografen nach Osten aufmachen, um diese jüngsten Ruinen der europäischen Geschichte zu besuchen. Derweil gefallen uns einfach die großartigen, in helles „Erinnerungslicht“ getauchten Bilder von Armin Linke, die meisten im überbreiten Panorama-Format. Wir empfehlen unsere XXL-Bildgalerie für den ersten Eindruck. (Florian Heilmeyer)

Armin Linke und Srdjan Jovanovic Weiss:
„Socialist Architecture: The Vanishing Act“

Hrsg.: Tobia Bezzola
JRP Ringier mit Codax Publishers, Januar 2012
Hardcover, 132 Seiten, deutsch und englisch
50 Euro


www.jrp-ringier.com


Zum Thema:

Download der BAUNETZWOCHE#209: „Sputniks Erben“ über die Arbeiten des Fotografen Frederic Chaubin


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