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08.06.2011

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Architekturführer Pjöngjang

Bücher im BauNetz


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„Das Ziel dieses Reiseführers ist es, Normalität zu suggerieren und sich damit selbst ad absurdum zu führen“. Dies sagt Verleger und Herausgeber Philipp Meuser zu einem Buchprojekt, das es eigentlich gar nicht geben dürfte.

Wer Pjöngjang, die Hauptstadt des kommunistischen Nordkorea, besuchen möchte, bekommt staatlicherseits einen Begleiter, einen Übersetzer und einen Fahrer zugeteilt, die den Reisenden von morgens bis abends überwachen. Das kann auf die Dauer „nervtötend“ werden, seufzt Meuser. Aber damit nicht genug: Wer darüber auch noch einen Architekturführer herausgeben will, ist auf staatliches Propagandamaterial angewiesen und verpflichtet sich, nahezu jedes Wort der nordkoreanischen Zensur vorzulegen. Dass dabei stets sämtliche Operetten-Ehrentitel des Staatschefs mitaufgezählt werden müssen, wenn nur dessen Name fällt, versteht sich von selbst.

Um das Projekt also überhaupt angehen zu können, ist Meuser zum Schein auf die Bedingungen der koranischen Gastgeber eingegangen. So entstand der erste Band „Fotos und Beschreibungen“. Um jedoch auf eine „objektive und kritische Architekturgeschichtsschreibung“ nicht zu verzichten, hat Meuser ohne Wissen der Koreaner parallel den Band 2 gestaltet – und damit den Versuch einer „kritischen Annäherung aus europäischer und koreanischer Sicht“.

Warum sollte man sich Pjöngjang überhaupt antun? Immerhin wird hier „die Idee der autogerechten Stadt mit breiten Boulevards, die sich zu großen Plätzen aufweiten, bis heute umgesetzt“ – was ein wenig outdated klingt. Doch von Interesse ist die „völlig ideologisierte nordkoreanische Baukunst, die in den vergangenen Jahrzehnten eine im Ausland kaum bekannte Architektursprache formuliert hat“. Hier ist es also, das Alleinstellungsmerkmal des Reiseziels Pjöngjang.

Übrigens plant Meusers Verlag Dom Publishers demnächst einen Reiseführer zu einem nicht minder exotischen Ort: zur rechtsrheinischen Seite Kölns, der „schäl Sick“ also, wo man normalerweise gar nicht hinkommt. Auch nicht mit Begleiter, Übersetzer und Fahrer. (-tze)

Philipp Meuser (Hg.): Architekturführer Pjöngjang
2 Bände, gebunden, 360 Seiten, 38 Euro
DOM Publishers, Berlin 2011
ISBN-13 9783869221267


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

3

Dresden-Kenner | 09.06.2011 13:28 Uhr

Tristesse

Hallo liebe "Tristesse",

nein, kein "Kommunistenfresser", aber zumindest kein Kommunistenverherrlicher!

2

Tristesse | 09.06.2011 09:45 Uhr

Wie kommt man

darauf, dass man in Nordkorea nur in "völliger Tristesse" leben muss? Bei aller berechtigten Kritik am realen Steinzeitkommunismus ist dieser Vorwurf selbst auch nichts weiter als ideologisierte (dünkelhafte) Propaganda. (Da scheint ja ein richtiger Kommunistenfresser und Dresden"kenner" zu sprechen.)
Beklemmende Gefühle hinterlässt bei mir übrigens der Gedanke an viele Regime (und nicht alle davon sind kommunistisch.) Hilft aber alles nix. Wer wirklich erfahren will, wie glücklich oder trist die Menschen dort sind, sollte nicht spekulieren, sondern hinfahren.

1

Die "standesdünkelfreie Gesellschaft" | 08.06.2011 17:42 Uhr

Gute Arbeit Herr Meuser!

Erstmal danke an Herrn Meuser für die Arbeit.
Ein Ort, den zu besichtigen sicher sehr interessant sein muss. Aber in völliger Tristesse leben zu müssen, hinterlässt (zumindest bei mir) ein beklemmendes Gefühl.

Am Beispiel Pjöngjang müsste ja unsere Fans von der "standesdünkelbefreiten Gesellschaft" das Herz aufgehen.

 
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