Sie sind in edlen, dunkelroten Leinen gebunden und mittlerweile in mehreren Sprachen übersetzt worden. Nun wurde das Buch „Architektur Denken“ in seiner dritten Auflage um zwei neue Essays ergänzt. In seinen Texten bringt Peter Zumhor zum Ausdruck, was ihn zu seinen Gebäuden motiviert – er schreibt über ein Denken, das über Form und Konstruktion weit hinausgeht.
Zumthor beginnt mit der Suche nach der verlorenen Architektur während seiner Kindheit, Ausbildung und Arbeit als Architekt. Als nächstes wendet er sich dem Stofflichen, der bildenden Kunst zu und lässt kurz eine grün-rote Arte-Povera-Ästhetik von Beuys aufleuchten. In seiner Arbeit mit den Dingen beeindruckt ihn die musikalische Konstruktion Bachs, „ihr Aufbau wirkt klar und durchsichtig“. Es folgen weitere Auszüge aus Vorträgen und Aufsätzen des Schweizer Architekten: Ritzen im versiegelten Objekt, Vervollständigte Landschaften, Begierde, Widerstand, Der harte Kern der Schönheit, Architektur lehren, Architektur lernen, Entwerfen als Begierde, Architektur als Droge, Geometrie sowie die beiden neuen Texte „Architektur und Landschaft“ und „Die Leiserhäuser“. Hier beschreibt Peter Zumthor das Entstehen zweier Holzhäuser im bündnerischen Leis.
Die geschriebenen Gedanken von Peter Zumthor sind seiner gebauten Architektur nicht unähnlich. Für ihn steht das Wesentliche stets im Vordergrund. Es sind kurze Sätze, kaum Verschachtelungen, es ist nackte Poesie. Es sind philosophische Überlegungen und Erklärungen: „Die Sprache der Architektur ist in meinen Augen keine Frage eines bestimmten Baustils. Jedes Haus wird für einen bestimmten Zweck, an einem bestimmten Ort und für eine bestimmte Gesellschaft gebaut. Die Fragen, die sich aus diesen einfachen Tatsachen ergeben, versuche ich mit meinen Bauten so genau und kritisch, wie ich kann, zu beantworten.“ Es sind Beobachtungen und Beschreibungen: „Das Renaissancetheater in Vicenza. Steile Ränge, Abgegriffenes Holz, große Intimität. Ein starkes Gefühl für den Raum, Intensität.“ Und es sind persönliche Notizen: „Das Hotel, in dem ich wohnen soll, stammt von einem französischen Stardesigner, dessen Arbeit ich nicht kenne, weil mich trendiges Design nicht interessiert.
Die Gedanken Peter Zumthors sind assoziativ, wild, frei und dennoch geordnet und systematisch. Dazwischen zeigt eine Fotoserie von Laura Padgett sommerliche Bilder aus dem Haus Zumthor – unvergleichbar bleibt das Foto von aufgereihten bunten Filzpantoffeln vor einer hellgrauen Betonwand, die leise auf ihre Besitzer warten. Straßenschuhwerk ist in seinem Büro in Graubünden, einem umgebauten Bauernhof, schließlich nicht erwünscht – nicht nur, um den Klang des Raumes zu wahren, sondern wohl auch, um das Wesentliche der Architektur zu spüren. (Jeanette Kunsmann)
Architektur Denken
Peter Zumthor
Birkhäuser Basel
Dritte erweiterte Auflage 2010
Leinen gebunden, Deutsch
112 Seiten, 20 farbige Abbildungen
29,90 Euro
www.birkhauser.ch
Zum Thema:
Download der Baunetzwoche#214 „Der Bücherfrühling“