New York gehört zu den Orten, die man kennt, bevor man da war  – aus den vielen Filmen und Serien, den berühmten Fotos und Songs, nicht zu vergessen die unzählige Romane. Keine Stadt produziert so viele Bilder wie New York: Die Fifth Avenue und der Broadway, Manhattan und Brooklyn, dazwischen all die Statisten: die Bauarbeiter und Fensterputzer, die Filmstars und Geschäftsmänner, die Jazzmusiker und Künstler. Und dann die Wolkenkratzer und Flugzeuge – die tragische Katastrophe des 11. September.

Nun hat der Taschen Verlag dieser „Stadt der Extreme“ ein gebundenes Portrait gewidmet. Das Buch in aller Kürze: 800 Quadratkilometer und acht Millionen Menschen in eineinhalb Jahrhunderte Stadtgeschichte auf 560 Seiten, aufgenommen von 150 Fotografen, dazu Karten, Texte und Zitate, auf dem Buchdeckel die zwei Worte, die alles erklären – New York. Der Bildband: ein Portrait einer jungen Stadt mit vielen Narben mit einer Kulisse aus Glas und Granit.

Auf dem Cover im Hintergrund die schwarz-weiß fotografierte Skyline der Metropole – in leichten Dunst gehüllt. Vor den riesigen Wolkenkratzern streckt eine Frau ihre Füße in die Luft, diese gehüllt in rot schwarze Pumps, dazu blasse Beine und der Teil eines Balkongeländers. Diese symbolisch aufgeladene Fotografie stammt aus einem Modemagazin; sie wurde 1950 von Edward Kasper aufgenommen. Oberflächlich, vielschichtig, anonym und inszeniert, pompös und doch schlicht – genauso wie dieses Foto sei eben auch New York, das elegant auf dem Titel in lippenstiftroten Lettern geschrieben steht.

Der Engländer und Wahl-New-Yorker Reuel Golden, zuvor Herausgeber beim British Journal of Photography, hat mit dieser Bildlektüre des Big Apples eine wahre Fleißarbeit geleistet, die sich gelohnt hat. Goldens Mission, Fotografien aus zahlreichen Archiven und Privatsammlungen zu finden, die bisher kaum veröffentlicht wurden, und diese zwischen zwei Buchdeckeln zu vereinen ist schlichtweg eine kleine Sensation. Von 1850 bis in die Gegenwart ist das Buch eingeteilt in die etwas poetisch klingenden Kapitel „Die Stadt der Wiederfindungen“, „Griff nach den Sternen“, „Die Hauptstadt der Welt“, „Hexenkessel“ und „Tragödie und Triumph“. Vor allem die frühen Farbfotografien sind beeindruckend.

Reuel Golden reiht seine Arbeit in eine der großen Serien des Verlegers Benedikt Taschen, die auch schon Städte wie L.A. und Berlin portraitiert haben. Ein Fototrip von Alfred Stieglitz, Lewis Hine, Andreas Feininger, Garry Winogrand, James Nachtwey und vielen mehr. Und zwischen den Seiten singt leise Frank Sinatra diese Zeilen: „These vagabond shoes / They are longing to stay / Right through the very heart of it / New York New York.“ (jk)

New York – Portrait of a City
Reuel Golden
Taschen Verlag 2010
Englisch, Französich, Deutsch
Hardcover, 560 Seiten, 25 x 34 cm
49,99 Euro

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