Wohl kein anderer Designer hat in den letzten Jahren einen derartigen Aufstieg in die Höhen des Klassiker-Himmels erfahren, wie das amerikanische Designer-Paar Ray (1912-88) und Charles Eames (1907-78). Ihre Entwürfe, als Vertreter des „Modern Style“ in den USA in den 1940ern gestartet, sind zu Symbolen des modernen Möbeldesigns schlechthin geworden und verkaufen sich, trotz zum Teil horrender Preise, nach wie vor prächtig.
So erscheint es nur angemessen, dass die Neuerscheinung „The Story of Eames Furniture“, die gerade im Gestalten Verlag erschienen ist, derart opulent und ausführlich geraten ist. Zwei Bände in einem Schuber mit über 2.000 Bildern auf 800 Seiten erzählen die Geschichte der vielleicht einflussreichsten Möbelentwürfe des 20. Jahrhunderts.
Die Autorin Marilyn Neuhart, bereits Autorin zweier Bücher, die sich mit dem Eames-Design und dem Eames-Haus beschäftigen, hat sich in akribischer Recherchearbeit 15 Jahre lang mit allen Aspekten der Eames-Möbel beschäftigt. Sie und Ihr Ehemann und Co-Autor John Neuhart haben jahrelang mit den beiden Eames zusammen gearbeitet und betreuen seit dem Tod der beiden das Eames-Haus in Pacific Palisades in Kalifornien sowie ein Eames-Archiv.
Der lange Atem hat sich gelohnt. Beide Bände lassen keine Fragen über die Design-Ikonen offen. Band 1 beschäftigt sich mit den sogenannten „Early Years“, sprich der Herkunft, Ausbildung und den ersten Eames-Möbeln in den 1940ern in Kalifornien, den Plywood-Entwürfen. Zahlreiche wichtige Weggefährten aus dieser Zeit, darunter der Herausgeber der damals wohl wichtigsten Architektur-Zeitung „Arts & Architecture“, John Entenza, oder der damals bei den Eames angestellte Designer Harry Bertoia werden in eigenen Kapiteln ausführlich vorgestellt. Dabei geht die Autorin insbesondere auch auf die zum Teil nicht einfachen Beziehungen der beiden Möbeldesigner mit ihren Angestellten und Weggefährten ein.
Band 2 beinhaltet „The Herman Miller Age“, also die Jahre, in denen die Designer für den Büromöbelhersteller Herman Miller Furniture Company aus Michigan die berühmten Wohn- und Büromöbel entwarfen. Hier legt die Autorin einen Schwerpunkt, indem sie zuerst ausführlich auf die Firmengeschichte des für Charles und Ray Eames so wichtigen Auftraggebers eingeht.
In weiteren Kapiteln werden nach und nach alle Möbelentwürfe, deren konzeptionelle Ursprünge, Entwicklungen und Produktionsmethoden bis ins letzte Detail dokumentiert und mit einem fulminanten Bild- und Planmaterial unterlegt. Herausgekommen ist ein Werkverzeichnis aller Eames-Entwürfe, das keine Fragen mehr offen lässt.
Die Stärke des Buches liegt neben seiner sorgfältigen Darstellung der Gestalt- und Entwurfsprozesse des ambitionierten Büros und seiner Protagonisten in den zum Teil sehr persönlichen Beschreibungen von Ray und Charles Eames. Hier spart die Autorin auch die vielleicht schwierigeren Charaktereigenschaften der beiden Designer nicht aus. Aspekte, die in den bisher erschienen Eames-Biografien weniger Erwähnung fanden, was zum Teil auch daran liegen mag, dass die beiden Designer schon früh sehr daran interessiert waren, der Öffentlichkeit ein duchweg positives Bild ihrer Leistungen zu vermitteln.
Gleichzeitig lässt Marilyn Neuhart aber nie einen Zweifel an der Bedeutung der Eames-Gestaltungskonzepte. Die Entwürfe aus dem Eames Studio haben modernes Design grundlegend geprägt. Ihre Wertung als Klassiker ist unbestritten und wird mit diesem Buch weiter gefestigt. Die beiden Bände sind ihren Preis wert und wer sie als Designliebhaber unter dem Weihnachtsbaum vorfinden wird, darf sich glücklich schätzen.
The Story of Eames Furniture Marilyn Neuhart, John Neuhart erschienen im Gestalten Verlag, Berlin September 2010 800 Seiten, Hardcover, 2 Bände im Schuber 2000 teils farbige, teils ganzseitige Abbildungen 150 Euro