Man nehme: eine Rahmenkonstruktion aus Holz oder Stahl, Planken aus einem Material ganz nach dem persönlichem Geschmack und jede Menge Nägel oder Schrauben – fertig ist das Eigenheim aus dem Katalog auf dem Grundstück der eigenen Wahl, „Prefab“ heißt das Zauberwort.
Kaum eine Typologie scheint so viele Facetten zu haben wie das Fertighaus. Grund dafür ist die wechselhafte Geschichte, der die Fertigbauweise seit ihren Anfängen unterworfen ist. Schnell, billig und unkompliziert waren Baukastenhäuser zu Beginn als Notunterkünfte gedacht. Und ehrlich gesagt hat alles, was in Massen vorproduziert wird, nicht ohne Grund ein eher schlechtes Image – denken wir nur an den faden Beigeschmack jeder Tütensuppe.
Doch stehen auf der anderen Seite etablierte Luxus-Wohnexperimente aus Holz-, Plastik- und Betonelementen oder in Containerbauweise, die einmalige Wohnhäuser mit besonderen Grundrissen und erstaunlicher Wohnqualität darstellen. Eines der bekanntesten Beispiele ist wohl die Design-Ikone des Buchtitels „Prefab Houses“, das druckfrisch zum Bücherherbst erschienen ist. Das gelandete Ufo „Futuro“ des finnischen Architekten Matti Suuronen, ursprünglich 1965 als Skihütte für einen Freund geplant, ging ab 1968 in Serienproduktion. Mit einem Durchmesser von rund acht Metern bietet die runde Wohnkapsel aus den glasfaserverstärkten Verbundschalen einen angenehmen Komfort. Nur die fest eingebauten Sitzgelegenheiten durften nicht verändert werden.
Der Bildband „Prefab Houses“ – wie immer im Hause Taschen dreispaltig, da dreisprachig – dokumentiert 60 der bekanntesten Häuser im Baukastensystem, von den Anfängen im England der 1830er Jahre bis hin zur Verbreitung in Europa, Amerika, Asien und Afrika. Das 1833 entwickelte „Portable Colonial Cottage for Emigrants“ von dem Londoner Zimmermann Herbert Manning war gleich ein ganzer Hausbausatz für Australien-Auswanderer. Es folgten weitere Fertighaustypen aus Holzleichtbauweise, mit „Ballon Frame“, oder auch 1844 mit Wellblech verkleidet. Erst als ab Ende des 19. Jahrhunderts in den Kolonien eine eigene Baubranche entstand, sank die Nachfrage an vorgefertigten Eigenheimen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann in Amerika die Vermarktung von „Häusern aus der Fabrik“ per Versandkatalog. Zwischen 650 und 2.500 Dollar kosteten 1908 die 22 verschiedenen Fertighaus-Modelle der Firma Sears, Roebuck und Co. Zwei bis drei Millionen Euro kostet heute übrigens die Libeskind-Serienvilla – exklusiv auf 30 Exemplare limitiert sei dieses Sonderfertighaus, das jedoch kaum aus vorgefertigten Bauteilen besteht.
Architekten wie Frank Lloyd Wright, Walter Gropius und Buckminster Fuller etablierten das „Prefab House“ in Europa und suchten nach dem „Haus der Zukunft“. Viele der visionären Entwürfe sind reine Experimente geblieben, wie zum Beispiel das „House of the Future“, das 1957 im kalifornischen Disneyland landete. Bei vielen der anderen Beispiele sind auf den Fotos eingebaute Möbel, strahlende Hausfrauen und stolze Familienväter vor dem Kamin zu sehen. Ein Leben wie in jedem anderen Wohnhaus auch. Heutzutage kommen die Fertighäuser von Ikea, Muji oder eben – wer es sich leisten kann – von Libeskind. Manche Häuser experimentieren mit ihre Größe, wie das Micro-Compact Home von den österreichischen Architekten Haack und Höpfner, andere wiederum fallen gar nicht weiter auf, wie das Plus House oder der Black Barn in Schweden.
Da fällt das Haus von Oskar Leo Kaufmann und Albert Ruf schon eher auf. „System 3“ ist ein individuell zusammensetzbares Baukastensystem, jedes Element in der Größe eines Schiffscontainers. Schick sieht es aus. Computergesteuerte Wandelemente können beliebig verschoben und geöffnet werden. Das Projekt gibt es bisher nur als Prototyp; ein früheres Modell der Architekten, „Susi“, hat bereits 30 Käufer gefunden.
Bei jungen Familien mit kleinem Geldbeutel ist das Fertighaus wieder sehr beliebt. Rund 80 Prozent der Westdeutschen können sich prinzipiell vorstellen, ein Fertighaus zu kaufen. Im Osten sind es nur 60 Prozent – vielleicht wegen der Plattenbauerfahrung.
Mit der zackigen Villa von Daniel Libeskind endet in „Prefab Houses“ die spannende Geschichte dieser Typologie, doch weitere Experimente jeder Preisklasse werden folgen. Die Autoren Oliver Jahn und Arnt Cobbers haben hier ein beachtliches Stück Recherchearbeit geleistet. Must Have! (jk)
PreFab Houses
Arnt Cobbers, Oliver Jahn
Herausgegeben von Peter Gössel
Taschen Verlag
Hardcover, 388 Seiten
Englisch, Deutsch, Französisch
49,99 Euro
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...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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auch | 11.10.2010 21:02 Uhrein
tolles bilderbuch
inhaltlich dürftig, aber eine gute zusammenstellung "was bisher geschah"
und schwer isses