Ein Neubau verändert die Landschaft, in der er steht meist auf eine nicht zu übersehende Art und Weise. Es gibt jedoch auch den umgekehrten Fall: Der Waterside Buddhist Shrine, ein buddhistischer Schrein in Tangshan in der chinesischen Provinz Hebei, passt sich so an seine Umgebung an, dass er geradezu in ihr verschwindet. Der an einem Flussufer inmitten von Feldern und Gewächshäusern liegende Betonbau entstand unter einem baumbestandenen Grashügel. Entworfen wurde er von ARCHSTUDIO aus Peking.
Deren Konzept folgt den Prinzipien des Zen-Buddhismus, die Verbindung mit und das Aufgehen in der Natur, die Reduktion der Mittel. Der Raum soll die Wahrnehmung der Besucher schärfen und zur Kontemplation einladen, ohne dabei bereits existierende Zusammenhänge zu stören. Dementsprechend bestimmten die altehrwürdigen Bäume den Grundriss des 169 Quadratmeter umfassenden Gebäudes – keiner von ihnen sollte weichen. Die Architekten kreierten eine Abfolge von fünf Bereichen – Eingang, Meditationsraum, Teehaus, Aufenthaltsbereich und Toilettenräume. Zwischen ihnen ist barrierefreies Wandeln möglich – nichts soll den Fluss der Bewegung, der Energie und der Gedanken hemmen. Die mäandernde Form, die dabei entstand, beschreiben sie als symbolisches „Wurzelwerk“.
Das Baumthema setzt sich in der Betonverarbeitung fort: Die Textur der Wände und Decken entstand durch eine aus drei Zentimeter breiten Kiefernleisten zusammengesetzte Betonverschalung. Die Böden bestehen aus grauem Terrazzo, die Außenbereiche wurden mit Zementmörtel und weißen Kieselsteinen gestaltet. So entstehen visuelle und haptische Abstufungen zwischen innen und außen – ein mit den Füßen deutlich spürbarer und für die Augen zugleich harmonischer Übergang.
Ein schmaler Pfad führt in den Hügel hinein, ins Zentrum des Schreins zur Figur Buddhas, der vor einer gewölbten Wand mit Blick zum Wasser sitzt und über eine Öffnung im Dach geradezu in Licht gebadet wird. Ihr vorgelagert ist ein Raum für die obligate Teezeremonie. In den beiden Innenhöfen, die Wohn- und Badezimmer räumlich vom zeremoniellen Bereich trennen, betont Bambus den natürlichen Wechsel zwischen den Funktionen.
Einen Raum zu schaffen, „in dem Bäume, Wasser, Buddha und der Mensch in Harmonie zusammenkommen“, so lautete das Ziel von ARCHSTUDIO. Entstanden ist ein Zen-Bau am Fluss, in dem alles fließt. (da)
Fotos: Wang Ning + Jin Weiqi