Die Architektur der italienischen Rationalisten der Zwischenkriegszeit ist ein internationales Faszinosum der jüngeren Baugeschichte, weil die einschlägigen Bauten von Terragni, Libera, Figini/Pollini, Mazzoni, Moretti und Co. einerseits formal der modernen Avantgarde zuzurechnen sind, sie aber andererseits nicht nur „zufällig“ unter dem Mussolini-Faschismus entstanden sind, sondern vielmehr von ihren Architekten als Demonstrativ-Bauten des Regimes verstanden und propagiert wurden. Diese Bauten beweisen vor allem eins: Ein bestimmter formaler „Stil“ lässt sich eben nicht einer bestimmten politischen Richtung zuordnen.
Weit weniger bekannt als die emblematischen italienischen Einzelbauten waren bisher die dahinter stehenden urbanistischen Ideen. Über den „Städtebau für Mussolini“ (Buchtitel) wusste man bisher wenig. Ein Autorenteam um den Berliner Stadtsoziologen Harald Bodenschatz hat das mit einem verdienstvollen und materialprallen Buch geändert.
Dessen Ausgangspunkt ist die von der Forschung bislang weitgehend ignorierte Tatsache, dass im faschistischen Italien die wohl umfangreichsten städtebaulichen Projekte der Zwischenkriegszeit in Europa realisiert wurden. Das Buch bietet einen systematischen Überblick über den Städtebau der Mussolini-Diktatur, und es interpretiert diesen Städtebau neu, insbesondere mit Blick auf den Städtebau der anderen Diktaturen der Zwischenkriegszeit.
Im Zentrum stehen die Debatten und Projekte im Großraum von Rom und in den trocken gelegten pontinischen Sümpfen südöstlich von Rom. Daneben werden auch Projekte in anderen Städten Italiens und im „italienischen Ausland“ vorgestellt.
Das in der Schriftenreihe des Architekturmuseums der TU Berlin erschienene Buch wird am Donnerstag, 26. Januar 2012 mit einem abendlichen Symposium ebendort vorgestellt. Das Programm:
- Begrüßung
Hans-Dieter Nägelke, Leiter des Architekturmuseums der TU Berlin
Cordelia Polinna, FG Planungs- und Architektursoziologie/Program Urban Design
- Ein Buch über Städtebau in einem diktatorischen System – die Sicht des Verlegers
Philipp Meuser, DOM publishers
- Präsentation des Buchs
Einführung, Harald Bodenschatz
Bau neuer Städte in den Pontinischen Sümpfen, Daniela Spiegel
Auf dem Wege zu einem neuen Rom, Harald Bodenschatz
Bau von Borgate am Rande Roms, Ursula von Petz
Städtebau im „italienischen Ausland“: Africa Orientale Italiana (AOI), Uwe Altrock
Städtebau und Diktatur – Schlussüberlegungen, Harald Bodenschatz
- Diskussion
Termin: Donnerstag, 26. Januar 2012, 18-20.30 Uhr
Ort: Technische Universität Berlin, Architekturgebäude am Ernst-Reuter-Platz (Straße des 17. Juni 150/152), Hörsaal A053
Harald Bodenschatz (Hg.): Städtebau für Mussolini.
Auf der Suche nach der neuen Stadt im faschistischen Italien
240 × 300 mm, 520 Seiten, 630 Abbildungen
Hardcover mit Schutzumschlag, 98 Euro
DOM publishers, Berlin, 2011
ISBN 978-3-86922-186-1 www.dom-publishers.com
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