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09.01.2024

Recyclingglas als Zementersatz

Brücke in Montreal von Provencher_Roy


Auf der Île des Sœurs in Montreal ist nach Plänen des ortsansässigen Büros Provencher_Roy eine Zwillingsbrücke entstanden, die eine aus den 1960er Jahren stammende Struktur ersetzt. Das Besondere: Für die Konstruktion aus Ortbeton kamen Glaspuzzolane zum Einsatz – anstelle des normalerweise als Bindemittel verwendeten Zements. Damit bestehen die Darwin Bridges zu zehn Prozent aus recyceltem, feingemahlenem Glas, was etwa 40.000 Kilogramm oder 70.000 Weinflaschen entspricht.

Bis 1956 besiedelten und bewirtschafteten noch Nonnen die südwestlich des Montrealer Zentrums gelegene Insel. Nachdem die Ordensgemeinschaft das Land verkauft hatte, wurde hier in rasend schnellem Tempo gebaut. Mitte der 1960er Jahre entstanden zahlreiche Stadthäuser, mehrgeschossige Wohnbauten sowie Hochhäuser. Nicht nur letztere wurden unter anderem von Ludwig Mies van der Rohe entworfen, sondern auch eine Tankstelle, die inzwischen einen Freizeitzentrum beherbergt.

Doch zurück zu den Darwin Bridges, die nur wenige Gehminuten entfernt von der Tankstelle und dem Mies'schen Apartmentgebäude Nr. 1 liegen. Genauer befinden sich die Brücken an der Schnittselle des städtischen Boulevards de l'Île des Sœurs und einem Fuß- und Radweg, der zum Parc de West-Vancouver führt. Dem Leitbild der autogerechten Stadt folgend, errichtete man damals eine Anlage, die Fahrzeugen jedoch eindeutig Vorrang einräumte. Enge Bürgersteige, breite Leitplanken und eine dunkle Unterführung prägten die Struktur.

Für ihren Entwurf orientierten sich Provencher_Roy an der ursprünglichen Gestaltung. Die geschwungenen Formen der Öffnungen und Wände bewahren den Hauch der 1960er, gleichzeitig wurde die Struktur an heutige Bedürfnisse angepasst. Zwischen den beiden Brücken öffnete man den Mittelstreifen. Die Architekt*innen ordneten hier schmale, begrünte Terrassen an, die sich zum Fahrrad- und Fußweg unter den Brücken hin abstufen. Die Wände wurden mit einem stilisierten Blumenmuster versehen, eine LED-Beleuchtung erhellt bei Dunkelheit den Weg.

Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit der Universté de Sherbrooke und der Stadt Montréal. Das interdisziplinäre Team forscht seit 17 Jahren an den Möglichkeiten, Glas für den Bau von städtischen Infrastrukturen zu verwenden. Der für die Darwin Bridges eingesetzte Beton zeichne sich unter anderem durch seine helle Farbigkeit aus. Er sei zudem wesentlich stabiler, da Edelstahl eingesetzt wurde, schreiben die Architekt*innen. Dies verlängere die Lebensdauer der Brücken auf über 125 Jahre im Vergleich zu normalerweise 75 Jahren. (dsm)

Fotos: Stéphane Brügger


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