Seit dem Jahr 2017 erinnert der Gedenkort denk.mal im Lohsepark in der Hamburger HafenCity an mehr als 8.000 Juden, Sinti und Roma, die dort zwischen 1940 und 1945 vom ehemaligen Hannoverschen Bahnhof deportiert wurden. Eine Fuge zeichnet den Verlauf der ehemaligen Gleisanlage nach, die Namen der Deportierten füllen zwanzig Gedenktafeln. Seit mehreren Jahren ist die Erweiterung durch ein Dokumentationszentrum geplant.
2015 lobte die Hansestadt Hamburg einen Wettbewerb für ein Bürogebäude Am Lohsepark aus, das im Erdgeschoss das Dokumentationszentrum beherbergen sollte. Durchsetzen konnten sich im damaligen Wettbewerb Wandel Lorch Architekten. Das Wettbewerbsergebnis war als Realisierungsvorgabe vorgesehen, ein Bauherr stand zum Zeitpunkt noch nicht fest. Nach einem von der HafenCity Hamburg 2017 ausgelobten Investorenwettbewerb übernahm der Projektentwickler Müller-Spreer das Vorhaben. Seit 2021 bekannt wurde, dass die Büroflächen des Gebäudes an die Wintershall Dea AG vermietet werden sollen, protestierten die Verfolgtenverbände. Der Konzern hat in der NS-Zeit Zwangsarbeiter ausgebeutet und von der Kriegswirtschaft profitiert.
Ein Mediationsverfahren brachte im vergangenen Jahr eine Einigung. Statt im Erdgeschoss des Bürobaus – der zur Zeit fertiggestellt wird–, soll das Dokumentationszentrum als freistehendes, zweigeschossiges Gebäude entstehen. Das dafür ausgewählte städtische Grundstück befindet sich am nördlichen Ende des Lohseparks. Der Privatmann Harm Müller-Spreer stiftet das Gebäude als veredelten Rohbau für das künftige Dokumentationszentrum. Den dafür ausgelobten und von claussen-seggelke stadtplaner (Hamburg) betreuten Wettbewerb mit fünf eingeladenen Büros konnten Boltshauser Architekten aus Zürich nach einer Überarbeitungsrunde für sich entscheiden. Der Innenausbau wird von der öffentlichen Hand getragen und war nicht Teil des Wettbewerbs. Alle Beiträge im Überblick:
- 1. Preis nach Überarbeitung: Boltshauser Architekten (Zürich)
- 2. Preis nach Überarbeitung: Wandel Lorch Götze Wach Architekten (Frankfurt am Main)
- Wettbewerbsbeitrag: BiwerMau Architekten (Hamburg)
- Wettbewerbsbeitrag: Kirsch Bremer Architekten (Hamburg)
- Wettbewerbsbeitrag: DFZ Architekten (Hamburg)
Die Jury unter Vorsitz der Architektin
Julia Bolles-Wilson vergab den ersten Rang an Boltshauser Architekten, nachdem sie diese und Wandel Lorch Götze Wach Architekten zur Überarbeitung aufgerufen hatte. In das Dokumentationszentrum, für das eine Fläche von etwa 1.350 Quadratmeter (BGF) vorgesehen ist, galt es im Rahmen des Wettbewerbs die bereits seit 2018 in Planung befindliche Dauerausstellung zu integrieren. Auch waren Flächen für Foyer und Empfangsbereiche, Seminar- und Büroräume vorzusehen.
Das Dokumentationszentrum wird künftig vom Lohsepark aus betreten. Einsehbar vom großflächigen Foyer, sind im Zwischengeschoss sowohl Technikflächen als auch Archivräume mit Leseplätzen geplant. Die Ausstellung im Obergeschoss wird über eine Wendeltreppe erschlossen. Die Fassade aus gestampftem Beton soll laut Boltshauser Architekten an die Fuge im Lohsepark anküpfen. Zum Ericusgraben und zum gegenüberliegenden Lohsepark ist der ansonsten weitgehend geschlossene Baukörper großflächig geöffnet.
Boltshauser sind bereits mit der Planung beauftragt. 2026 soll der Bau fertig sein. Während für den Innenausbau eine Ausschreibung geplant ist, wird die Ausstellungsarchitektur vom Hamburger
Designbüro gwf-ausstellungen weiterhin in Zusammenarbeit mit der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte konzipiert.
(sla)
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