Das Münchner Kreativquartier ist ein ehemaliges Kasernenareal am Leonrodplatz, das auf über zwei Jahrzehnte alternativer Kulturnutzungen zurückblicken kann. Seit gut zehn Jahren entwickelt die Stadt das Gelände zum Standort für Kultur und neues Arbeiten. Im Herbst letzten Jahres eröffnete der Neubau für das Off-Theater schwere reiter von Mahlknecht Herrle. Perspektivisch soll hier nicht nur kreativ gearbeitet, sondern auch gewohnt werden. Mehrere Wohnbauprojekte sind in Planung, darunter das der 2018 gegründeten Genossenschaft Das große kleine Haus.
Das große kleine Haus soll ein mischgenutztes Projekt werden. 60 Prozent Wohnen, 40 Prozent Arbeiten. Das sind 30 Prozentpunkte mehr Arbeiten als Genossenschaften erlaubt ist, um steuerbefreit zu bleiben. Doch im Sinne der gemischten Stadt nimmt die Genossenschaft das wirtschaftliche Risiko auf sich und verzichtet auf die Möglichkeit der Steuerfreiheit. Dafür wird es in dem 3.980 Quadratmeter Bruttogrundfläche umfassenden Haus (bei knapp 3.000 Quadratmeter Nutzfläche) eben nicht nur ein Café geben – sondern auch Ateliers, Studios, flexibel nutzbare Büros und Flächen für Kreativgewerbe. Kein gemeinnütziges Bauprojekt Münchens habe jemals einen so hohen Gewerbeanteil aufgewiesen, schreibt die Süddeutsche Zeitung und beruft sich dabei auf Ulrike Klar vom Planungsreferat.
Hinter dem Entwurf steht die Planungsgemeinschaft bogevischs büro (München) und Teleinternetcafe (Berlin). Partner*innen und Assoziierte der beiden Büros sind wiederum in der Genossenschaft involviert. Ihr Können im Bereich des genossenschaftlichen Wohnbaus haben bogevischs büro unter anderem beim vielfach ausgezeichneten Projekt wagnisART (zusammen mit SHAG) bewiesen, das 2016 eröffnete. Teleinternetcafe bringen Expertise für das Planungsgebiet mit, denn sie gewannen (zusammen mit TH Treibhaus Landschaftsarchitektur) 2012 den städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Kreativquartier. Die Fertigstellung des großen kleinen Hauses ist für 2025/26 geplant.
Das ambitionierte Genossenschaftsprojekt ist nicht der einzige Wohnbau im Kreativquartier. Direkt gegenüber bauen die altehrwürdige Postbaugenossenschaft und die junge Genossenschaft Wabe Zwo, die städtische Gewofag und der Projektentwickler Euroboden, der eigentlich im hochpreisigen Segement aktiv ist, hier aber zusammen mit Florian Nagler Architekten einen Holzbau mit Nettokaltmieten von nur 9,99 Euro pro Quadratmeter anbieten möchte. Anfänglich wollte auch das Mietshäuser-Syndikat bauen, zog sich aber kürzlich angesichts der aktuellen Baupreisentwicklung zurück.
Alle Grundstücke rund um die hier verlaufende Heßstraße wurden Ende letzten und Anfang diesen Jahres per Konzeptverfahren in Erbbaupacht bei einer Laufzeit von 80 Jahren vergeben. Insgesamt sind 380 Wohnungen geplant, die in Holzbauweise errichtet werden sollen. (gh)
Zum Thema:
Das Kreativquartier am Leonrodplatz wird auch diskutiert in Baunetzwoche#599 „Vom Werksviertel zum Sugarmountain. Neue Kulturorte in München“.
Auf Karte zeigen:
Google Maps
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
Die Zuversicht | 06.07.2022 18:53 UhrVor lauter Zuschreibung kein Plan
Oder Wald vor lauter Bäumen. Schade, dass wir unserer eigenen Disziplin mittlerweile so sehr mißtrauen.