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22.08.2023

Auf Werkstätten wohnen

Bogdan & Van Broeck und DDS+ in Brüssel


Mit dem Projekt NovaCity I in der Gemeinde Anderlecht schlägt die Region Brüssel-Hauptstadt einen besonderen Weg ein, um Wirtschafts- und Wohnraumförderung miteinander zu kombinieren. Zwischen einer Schneise aus Bahngleisen in stark heterogener Umgebung entstand ein hybrides Ensemble aus Werkstätten und subventioniertem Wohneigentum. Für den Entwurf zeichnen die Brüsseler Büros Bogdan & Van Broeck – die seit 2022 unter Leitung von Oana Bogdan als &bogdan firmieren – und DDS+ mit Atelier Eole Paysagistes (Watermael-Boitsfort) verantwortlich.

Die Entwicklung des Areals begann bereits 2012, als Citydev – die Entwicklungsgesellschaft der Region Brüssel-Hauptstadt – das Büro BUUR (seit 2021 Teil von Sweco, Leuven) mit der Erstellung eines Masterplans für das Gebiet am Bahnhof Anderlecht beauftragte. Das Projekt verfolgt das Ziel, ein zukunftsfähiges Wohn- und Arbeitsumfeld zu schaffen. Dies geht mit der Verdichtung auf einer zuvor nur vereinzelt bebauten Brache einher und findet in zwei Projektabschnitten, den sogenannten NovaCity I und II statt. Erstere konnte 2022 fertiggestellt werden.

2017 gewann der Projektentwickler Kairos mit den oben genannten Büros den von Citydev für das Areal NovaCity I ausgeschriebenen Wettbewerb. Geplant und realisiert wurde ein vom dreieckigen Grundstück geprägter Komplex. Während im Süden flache Gewerbeeinheiten angeordnet sind, bilden selbige im Norden den Sockel für darüber liegende Wohneinheiten. Insgesamt sind auf 7.708 Quadratmetern sechzehn Werkstätten für klein- und mittelständische Unternehmen sowie Showrooms und Büros entstanden. Hinzu kommen auf einer Fläche von 7.482 Quadratmetern 63 Wohneinheiten. Als Gesamtkosten geben &bogdan 25 Millionen Euro an.

Von den Bahngleisen werden die Neubauten durch eine Erschließungszone getrennt, die dem Lieferverkehr vorbehalten ist. Hieran angrenzend sind die Gewerbeeinheiten in zwei flachen Baukörpern untergebracht. Zur Lieferzone ausgerichtet liegen die Werkhallen, die im Norden mit Showrooms und im Galeriegeschoss beherbergten Büros abschließen. In Richtung der neuen Hauptstraße sollen sie die Kommunikation mit den gegenüberliegenden Einheiten fördern.

Diese bestehen aus einem länglichen Baukörper, der demselben Prinzip folgend in Werkhallen, Showrooms und Büros aufgeteilt ist. Programmatisch bildet er den Sockel für die darauf angeordneten Wohnbauten aus. Unterstrichen wird dies durch die Materialwahl: Auf Höhe des Erdgeschosses sind die Gewerbeeinheiten aus Beton ausgeführt und weisen eine feine, vertikale Struktur auf. Sie wiederholt sich in den grünen Metallelementen der darüber liegenden Fassaden, die das äußere Erscheinungsbild typischer Gewerbehallen auf die Wohnbebauung übertragen. Um die neue Nachbarschaft miteinander zu verbinden, sind auf den Dächern der Produktionsstätten Gärten angelegt. Hier soll nicht nur Gemüse angebaut, sondern auch gespielt und gepicknickt werden.

In den drei- bis sechsgeschossigen Wohntürmen befinden sich Ein- bis Vierzimmerwohnungen. Sie orientieren sich, bis auf den abschließenden Turm, Richtung Ost-West und werden über außenliegende Treppenhäuser erschlossen. Fünf Wohneinheiten werden an die Nutzer*innen der Werkstätten vermietet und sollen die Verknüpfung zwischen Arbeiten und Wohnen stärken. 58 sind geförderte Eigentumswohnungen. Sie unterliegen festgelegten Kriterien von Citydev. Ihr Verkauf ist etwa an die Einhaltung von Einkommensgrenzen gebunden. Laut Projektwebsite sind die Zwei- und Dreizimmerwohnungen ab 170.000 bzw. 214.000 Euro zu erwerben.

Das Areal wird künftig mit einer Fußgängerzone an die geplante NovaCity II anschließen. Der Auftrag für ihre Entwicklung wurde im Frühjahr an den Projektentwickler Eiffage Development und die Planungsbüros Polo Architects (Antwerpen), Espace Architectes (Auderghem) und das Landschaftsbüro CD Plus (Brüssel) vergeben. Ab 2025 sollen nördlich der NovaCity I unter anderem weitere 118 Wohnungen entstehen.

Die NovaCity zählt zu den Projekten von &bogdan, mit denen öffentliche Entwicklungsprozesse in Brüssel verfolgt werden. Ein weiteres ist etwa das Sportzentrum in Molenbeek. Die Projekte spiegeln gleichsam die zwischen Politik und Bauwirtschaft aufspannenden Arbeitsfelder der Büroinhaberin Oana Bogdan wider. 2016 war sie selbst Staatssekretärin für Kultur in Rumänien. 2021 leitete sie die vom Brüsseler Staatssekretär für Stadtentwicklung ins Leben gerufene sogenannte Good Living-Expertenkommission. (sla)

Fotos: Laurian Ghinitoiu


Zum Thema:

Über Architektur und Politik sprach Oana Bogdan im baunetz campus Podcast.


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