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09.02.2018

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Filmkritik: Big Time

Bjarke Ingels im Portrait


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Von Friederike Meyer

Zugegeben, das filmische Portrait über den Mann, der laut Rem Koolhaas die Architekturprofession von der Angst befreit hat, hatte ich mir anders vorgestellt. Ich dachte an Bilder von scherzenden Kollegen in Meetings, eine Segelpartie, Kickerrunden oder einen langen Tisch im Büro, an dem jeden Mittag gemeinsam gegessen und diskutiert wird. Als kommunikativen, charmanten Kerl hatte ich Bjarke Ingels bei einem Interviewtermin, der als gemeinsamer Fahrradausflug begann, vor Jahren erlebt. Ich war gespannt darauf, zu sehen, wie er diese Eigenschaften auf sein Büro BIG überträgt, wie das in den beiden Standorten Kopenhagen und New York funktioniert und wie die Projekte entstehen. Ich hatte also einen gut gemachten Blick hinter die Kulissen von BIG erwartet und gehofft, eine Erfolgsgeschichte erzählt zu bekommen – in dem frischen, mitreißenden Stil, mit dem Bjarke Ingels einst seine Projekte vorstellte und damit zum selten erreichten Vorbild für andere Architekten geworden ist.

Der Film hat mich dann aber überrascht. Big Time, wie der 93 Minuten lange Streifen heißt, ist bierernst, vor allem aber ziemlich langweilig. Das mag am Schnitt liegen, der kleinteilig und recht arm an Bildqualität zwischen Dänemark und den USA hin und herspringt. Oder an der fehlenden Dramaturgie, obwohl es für die bei einem Film, der einen jungen und erfolgreichen Architekten einige Jahre begleitet, doch durchaus Anlass geben dürfte. Kann aber auch sein, dass der Alltag des gerade mal 43-jährigen Dänen, der bereits mehrere spektakuläre Wohnhäuser und Museen gebaut hat, 2015 mit der Planung des Two World Trade Centres in New York beauftragt wurde und kürzlich die LEGO-Erlebniswelt in Billund fertig stellte, wirklich so erschreckend einsam ist. Dass er in Strategiegesprächen den Berater seines eigenen Unternehmens gibt, dass er alleine Taxi fährt, alleine die Auftraggeber besucht oder auf der Baustelle die Mock Ups begutachtet. Seltsam steif wirken die Glückwünsche seiner Mitarbeiter zum 40. Geburtstag, überhaupt bleiben das Team und die Partner allesamt anonym im Hintergrund.

Dass es dem Filmemacher Kaspar Astrup Schröder und vor allem seinem Protagonisten um eine inszenierte Selbstdarstellung gegangen sein dürfte, wird spätestens an den immer wiederkehrenden Szenen am großen Zeichentisch klar. Ingels sitzt, in Zentralperspektive aufgenommen, vor einem ausgerollten Blatt Papier und erklärt seine Entwürfe, während er sie mit flottem Strich skizziert. Dieses klassische Motiv des zeichnenden Architekten, dass Filmemacher gern verwenden, lässt Ingels hier wie eine Mischung aus Pfarrer und Fernsehkoch erscheinen. Die einzig charmante, halbwegs authentisch wirkende Szene im Film ist der Besuch im Sechzigerjahre-Flachdachbungalow seiner Eltern, die sicher stolz, aber scheinbar von der Kamera unbeeindruckt, erzählen, wie Bjarke als Kind immer nur Comics zeichnen wollte.

In der letzten halben Stunde des Films ist Ingels scheinbar nur noch mit sich selbst beschäftigt. Manieriert wirken die Zwischenszenen, die MRT-Aufnahmen vom Kopf des Architekten zeigen, der sich von den Folgen einer Gehirnerschütterung und von Kopfschmerzen geplagt zum Arzt begibt – und das erleichternde Untersuchungsergebnis vor der Kamera vom Baustellengerüst der Müllverbrennungsanlage in Kopenhagen an seine Freundin durchtelefoniert. Nein, der Film bringt uns Bjarke Ingels nicht glaubhaft näher. Und so bleibt die vielleicht einzige gute Nachricht diese: Die Bauten des Büros BIG sind dann doch weit aufregender und inspirierender als das Privatleben seines Gründers.

BIG TIME ein Film von Kaspar Astrup Schröder
DK 2017, 93 Minuten, englisch-dänische OF mit deutschen UT

Im Verleih der Edition Salzgeber

Seit gestern läuft der Film in ausgewählten Kinos in Berlin, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Hannover, Köln und Nürnberg. Andere Städte werden folgen.


Zum Thema:

www.salzgeber.de


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Claus | 12.02.2018 17:15 Uhr

Schaut den Film!

Ich kann allen nur empfehlen den Film zu schauen. Ich habe ihn gestern gesehen. Und auch die Frage "Wie viel Bjarke braucht BIG um Aufträge zu bekommen" wird im Film gestellt, und man merkt, dass sie darauf erst selbst noch eine Antwort finden müssen.

4

fabian | 12.02.2018 13:00 Uhr

Schwachsinn

Ehrlich, ich habe kein Problem damit, dass man Persönlichkeitskult ablehnt. Bitte... versucht das nicht mit irgendetwas zu "belegen".

1. Google Resultate hängen natürlich von dem Suchenden ab, bei mir waren 12 der ersten 30 Treffer bei Suche nach "mies van der rohe" ein Bild von Mies.

2. Gebäude leben länger als Menschen. Die meisten Fotos entstanden lange nach Mies Tod.

3. siehe barke:
sucht man nach "BIG + bjarke ingels" ist der Gute auf 0 von 30 Bildern zu sehen.


"das sagt eigentlich schon alles" - nein, das sagt gar nichts. Wenn du etwas sagen willst, tu es.

3

Stefanie Meyer | 09.02.2018 22:14 Uhr

...x2

Mein Eindruck deckt sich mit dem des Kollegen remko. In jedem Video, in jedem Buch ist nur er zu sehen, kaum einer seiner Kollegen und Angestellten. Seine projekte allesamt utopisch asiatische grössen, so das es mir schwer fällt, Bjakr Ingels als Kollegen zu sehen, denn was er da tut hat garnichts mit der Arbeit zu tun die wir hierzulande leisten.

2

Barke | 09.02.2018 17:47 Uhr

Alles

Alles, was damit gesagt wird, ist vermutlich nur der Umstand, dass Mies van der Rohes Projekte unter seinem persönlichen Namen bekannt sind, die Projekte von Herrn Ingels aber unter dem Büronamen veröffentlicht werden.

Das ist gewissermaßen sogar zurückhaltender (auch wenn der Büroname BIG lautet)...

1

remko | 09.02.2018 16:17 Uhr

...

Wenn man Mies van der Rohe nach Bildern googelt bekommt bekommt man 5% Bilder von ihm und 95% Bilder seiner Werke. Bei Bjarke Ingels ist das Verhältnis 50/50. Das sagt eigentlich schon alles.

 
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