Wie ein Schwarm fließen schnelle Lichtstreifen synchron über die Fassade des Kunsthauses in Córdoba. Verschiedene Zahlencodes wechseln im Sekundentakt auf der perforierten Betonoberfläche, kurz wird alles dunkel, bevor plötzlich die gesamte Front wieder über den Fluss weit in die Dunkelheit der alten maurischen Palaststadt strahlt. Entworfen und geplant von den spanischen Büro Nieto Sobejano Arquitectos (Madrid), hat das „Centro de Creación Artística Contemporánea C4“ mitten im Zentrum der alten maurischen Palaststadt am Parque de Miraflores seine dynamische Oberfläche durch die Zusammenarbeit mit dem Berliner Studio realities:united bekommen.
Das Kunsthaus an sich ist bereits fertig gestellt, aber noch nicht in Betrieb genommen – Innenausbau und die Gestaltung der Außenanlagen sind noch im Gange. Das Projekt ist zwar nicht wie Rem Koolhaas' CCC Córdoba Congress Center, das in direkter Nachbarschaft entstehen sollte, in der Schublade verschwunden, doch ist auch an dem Kunstzentrum die Wirtschaftskrise nicht ohne Spuren vorübergegangen – der Termin für die Eröffnung wird immer wieder verschoben. Wir haben mit Enrique Sobejano darüber gesprochen.
Was versteckt sich hinter der weißen Fassade des Kunsthauses in Córdoba?
Das C4 ist kein Gebäude für eine spezielle Sammlung oder bestimmte Exponate, sondern ein anpassungsfähiges Haus; unsere einzige Vorgabe war die Nutzung für digitale Video- und Medienkunst. Wir haben die Moschee von Cordoba, eines der beeindruckensten Gebäude überhaupt, neu interpretiert. Die Unendlichkeit der Raumabfolgen scheint sich wie in einem Spiegel endlos weiter fortzusetzten – wir wollten ein Gebäude ohne Hierarchien und ohne Zentrum schaffen, einen Neubau, der auf verschiedene Nutzungen und Anforderungen reagieren kann. Dahinter steckt ein einfaches Entwurfsprinzip: Komplexität entsteht durch Wiederholung.
Sie haben von einer Fabrik gesprochen – am liebsten hätten Sie einen Industriebau oder eine leerstehende Farbig umgebaut – wie schafft man heute Räume für die Kunst?
Warum lieben Künstler es, in solchen Räumen ausstellen? Ganz einfach: Diese Orte haben eine besondere Identität, auf die sie reagieren und mit dem Charakter des Ortes spielen können – dafür gibt es unendlich viele Beispiele, nehmen wir die Installationen in der Turbinenhallen der Tate Modern in London – das sind besondere Möglichkeitsräume. Für das Kunsthaus in Córdoba wollten wir keine Standardkiste bauen, sondern besondere Räume schaffen, auf die die Künstler reagieren können.
Die poröse Gebäudestruktur sieht dabei auf den ersten Blick komplex aus, bei näherem Hinsehen erkennt man die Wiederholung einfacher Formen. Die Sechsecke teilen sich in drei unterschiedliche Typen: Es gibt 150, 90 und 60 Quadratmeter große Ausstellungsäume – die entweder als hell und offen sind, oder als geschlossene „Black Box“ für Videokunst dienen.
Unser Konzept sieht ein Netzwerk aus miteinanderverbundenen Räumen vor, die eben solche Möglichkeitsräume schaffen. Innen dominieren deshalb die rauem Betonwände, während die Fassade wie die schneeweißen Häuser unter der andalusischen Sonne strahlt.
Die Medienfassade zur Flussseite ist kein simples Plug-In, sondern zitiert das Gebäudeprinzip samt seiner inneren Raumorganisation – was soll die Fassade erzählen?
Die Fassade soll kommunizieren, was im Inneren des Gebäudes passiert – auf diese Weise öffnet sich das Medienzentrum zur Stadt. Außerdem ist es eine eigene Installation, die Fassade soll ebenfalls von verschiedenen Künstlern bespielt werden. Wir wollten auf keinen Fall eine dieser typischen Medienfassaden, deshalb haben wir hier mit realities:united zusammengearbeitet, die ja schon in Graz mit der Hülle für das Kunsthaus von Peter Cook etwas Neues in diesem Bereich geschaffen haben. Die trichterförmigen Löcher in der Fassade sind wie 1.500 übergroße Pixel; das Besondere: sie sind indirekt beleuchtet, so dass man die Lichtquellen nicht direkt sehen kann.
Fotos: Roland Halbe
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Lars k | 15.01.2013 13:40 UhrCordoba
Cordoba - wunderbar. Ein etwas rüder Klotz zunächst, vor allem in seinen Proportionen. Schade, dass man so wenig von der Umgebung sieht, oder steht es da wirklich so alleine herum, wie es wirkt? Die integrierte Medienfassade ist wenigstens einmal wirklich eine solche und ein wirklich architektonisches Mittel, raumbildend und auch funktional für das Darstellen der Ausstellungsinhalte vermutlich (!) funktional sinnvoll - schade insofern, dass die Krise offensichtlich die Nutzung verhindert/verzögert. Es gibt ja nichts Schlimmeres, als einen leeren Neubau - und besser wird das Haus durchs NIchtnutzen sicher auch nicht.
Aber dafür können die Architekten nichts. Also: Glückwunsch.