Es ist eine Entscheidung, bei der es kaum Widerspruch geben dürfte: Der Schweizer Beitrag „Svizzera 240” von Alessandro Bosshard, Li Tavor, Matthew van der Ploeg und Ani Vihervaara wurde am vergangenen Samstag bei der Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Das Projekt galt von Anfang an als Favorit, und zwar vor allem auch, weil die Besucher hier – trotz des durchaus relevanten Themas – einfach ihren Spaß haben konnten. Das war zugleich eine Qualität, die man in den Giardini sonst nur selten antraf. Man darf also darauf hoffen, dass hiermit auch ein Maßstab für die Zukunft gesetzt wurde.
Bei den weiteren Löwen erlaubte sich die Jury um Sofía von Ellrichshausen, Frank Barkow, Kate Goodwin, Patricia Patkau und Pier Paolo Tamburelli hingegen größere Überraschungen. Eduardo Souto de Moura etwa erhielt einen Goldenen Löwen für lediglich zwei großformatige Fotografien in der Hauptausstellung, die in Luftaufnahmen die Transformation des Gutshofs São Lourenço do Barrocal in ein Hotel zeigen. Muss dies vielleicht auch als eine kleine Entschädigung gesehen werden, dass es bisher noch nicht mit einer Auszeichnung für sein Lebenswerk geklappt hat? Jenen Löwen hatte bekanntlich auf die Empfehlung der beiden Kuratorinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara der hochverdiente Architekturhistoriker Kenneth Frampton erhalten.
Ebenfalls eine nicht ganz zu Ende gedachte Entscheidung ist außerdem der Silberne Löwe für Jan de Vylder, Inge Vinck und Jo Taillieu, die in der Hauptausstellung ihr durchaus wunderbares St.-Jozefhuis präsentieren. Vergeben wird dieser Preis nämlich offiziell für einen „promising young participant“, und das passt vielleicht doch nicht zu einem Büro, das nicht nur zu den wichtigsten in Europa zählt, sondern dessen Inhaber auch alle um die fünfzig Jahre alt sind. Und wenn dann noch Caruso St John Architects für ihre Plattform auf dem Dach eine Special Mention mit der Begründung erhalten, der Vorschlag nutze auf couragierte Weise „emptiness to create a freespace“, darf man schon auf die Idee kommen, in diesem Jahr zählten Namen mehr als Inhalte.
Zwei weitere lobende Erwähnungen gab es außerdem noch für Andra Matin aus Jakarta und Rahul Mehrotra, der in Mumbai und Boston arbeitet. Ersterer ist im Arsenale mit einer aufwendigen Installation vertreten, mit der er über das traditionelle Bauen in seinem Heimatland nachdenkt. Und Mehrotra zeigt wiederum im Padglione Centrale in den Giardini auf luftigen Fahnen drei Projekte, die sich mit den komplexen gesellschaftlichen Verhältnissen seines Heimatlandes beschäftigen. (sb)