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23.06.2020

Leicht verständliche Klarheit

Bibliothek im ostchinesischen Ningbo von Schmidt Hammer Lassen


Ningbo ist eine chinesische Küstenstadt an der Hangzhou-Bucht, etwa 250 Kilometer südlich von Shanghai. Wie viele andere Städte an dieser großen Bucht wächst auch Ningbo rasant. Vor dreißig Jahren zählte die Stadt noch 750.000 Einwohner, 2010 waren es fast drei Millionen und heute eher sechs. So hat die Stadt längst die umliegenden Dörfer und Landkreise verschluckt und sich weit in die südlich und östlich angrenzenden Berge ausgebreitet. Teil dieser urbanen Expansion ist auch das Projekt „Ningbo New East Town“, bei dem seit 2007 auf 16 Quadratkilometern ein neuer Stadtteil entsteht. Die Investitionskosten werden aktuell mit 2,3 Milliarden US-Dollar angegeben.

Das Zentrum dieser Neustadt bildet ein begrünter „Öko-Korridor“, der sich auf 3,5 Kilometern und etwa in Ost-West-Richtung mit künstlichen Flüssen und Seen sowie einer ausgiebigen Parklandschaft durch die Stadt zieht. Im Zentrum dieses Korridors liegt wiederum ein Bereich, der zu einem neuen kulturellen Zentrum heranwachsen soll. Das wichtigste Projekt dieses Zentrums ist die neue Bibliothek nach Entwürfen von Schmidt Hammer Lassen (Kopenhagen). Baubeginn war 2015, das Haus wurde bereits 2019 fertig gestellt, konnte aber erst kürzlich nach der Lockerung der Corona-Einschränkungen eröffnen.

Der Neubau wird die zweite große Bibliothek in Ningbo werden, denn in der Innenstadt gibt es bereits seit 1927 eine große Zentralbibliothek. Deren berühmter Bestand an wertvollen historischen Bänden hatte das Gebäude mit oft über 4.000 täglichen Besucher*innen an seine Belastungsgrenzen gebracht. So entstand der Plan, in der „New East Town“ ein modernes, bequemes, zweites Haus aufzubauen und dafür einen internationalen Einladungswettbewerb auszuschreiben.

Herzstück des Entwurfs ist ein 8.000 Quadratmeter großes, weitgehend offenes Erdgeschoss, von den Architekten „Stadtplatz“ genannt. Hier befinden sich die beliebtesten und meistbesuchten Programmpunkte: die Lobby, das Cafe, zwei Vortragssäle, die Kinderbibliothek, ein Bereich für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen und ein großer Lesesaal. Die offene Grundstruktur, überbreite Gänge und eine umlaufende Glasfassade verbinden diesen Raum an allen Seiten mit seiner Umgebung – mit einem großen öffentlichen Platz vor dem Neubau und der Parklandschaft zum Wasser. „Die alte Bibliothek hat ein ziemlich labyrinthisches Inneres,“ sagt der SHL-Partner in China, Chris Hardie: „Also sollte unser Entwurf eine umso größere, leicht verständliche Klarheit bekommen.“

Die Klarheit wird durch ein zentrales Atrium verstärkt, das über die gesamte Gebäudehöhe 28 Meter in die Höhe ragt. Hier wird auch der Aufbau der oberen Etagen deutlich, wo zum Atrium hin eine Serie von weißen, kleinen Räumen und Sitznischen liegt, die zum konzentrierten Arbeiten oder zum ruhigen Gespräch im Tageslicht einladen sollen. Das Atrium verbessert dabei nicht nur die Orientierung im, sondern auch die natürliche Belüftung des Gebäudes.

Die Bibliothek ist nur eines von drei Projekten, die Schmidt Hammer Lassen in Ningbo gerade fertigstellen. Demnächst sollen das Hauptgebäude für die Ningbo Daily Newspaper Group sowie das neue „Ningbo Home of Staff“, eine Art Gewerkschaftshaus, bezugsfertig sein. (fh)

Fotos: Adam Mørk



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