So schön gehen Alt und Jung, Gedächtnis und Zukunft, die Geduld des Papiers und jugendliche Lebendigkeit nur selten zusammen. Aber es liegt eben auch an der Bauaufgabe, an der geforderten Kombination von Museumsdepot, Stadtarchiv und Jugendzentrum, die in der unterfränkischen Kreisstadt Miltenberg zu einer funktional sinnvollen und zugleich symbolisch lesbaren Lösung führten. Mainzer Tor nennt sich das neue Haus mit seinem interessanten Nutzungsmix, das Bez + Kock Architekten (Stuttgart) am historischen Tor gleichen Namens errichtet haben.
Die Lage ist einer der entscheidenden Aspekte des Projekts. Die Nachbarschaft zum Stadttor lässt an pittoreske Gassen denken, doch tatsächlich befindet sich der Neubau in einer eher randstädtischen Situation. Denn das Stadttor des auf einem schmalen Streifen am Ufer des Mains gelegenen Miltenberg liegt ungefähr ein Kilometer westlich des historischen Stadtkerns. Zugleich hatten es die Architekten mit einer Hangsituation zu tun, die sie logisch nutzten. Sie fügten einen mit ortstypischem Mainsandstein verkleideten Sockelbau in das Gelände ein, auf den sie wiederum zwei pavillonartige Bauten mit einer Hülle aus transluzentem Profilglas setzten.
Im weitgehend geschlossenen Sockelbau liegen die Depot- und Archivräume, wobei sich das doppelgeschossige Hauptdepot als einer der beiden pavillonartigen Bauteile nach oben erstreckt. Der zweite Pavillon umfasst das Jugendzentrum und wird durch die überbreite Treppe erschlossen, die eher städtebaulich als funktional zu begreifen ist.
Womit wieder die Frage der Lage angesprochen ist: Der Neubau und das frisch sanierte Mainzer Tor dienen nicht zuletzt der Reaktivierung und Reparatur einer über viele Jahre unansehnlichen Situation am westlichen Rand der Stadt. Dafür wurden die drei Nutzungen durch die Stadt zusammengeführt und in einem Haus gebündelt. Die etwas abseitige Lage des Jugendzentrums sehen die Architekten letztlich pragmatisch: Denn auf dem Freigelände hinter dem Haus kann gefeiert werden, ohne dass viele Anwohner gestört werden. Und wer wegen der Lage des historischen Materials so nahe am Main nervös wird, der erfährt, dass der Neubau außerhalb des Risikobereichs liegt. (gh)
Fotos: Stephan Baumann
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einspruch | 05.08.2019 16:50 Uhrkritische berichterstattung
"So schön gehen Alt und Jung, Gedächtnis und Zukunft, die Geduld des Papiers und jugendliche Lebendigkeit nur selten zusammen"
diese lobeshymne sehe ich ein wenig kritisch. zwar ist das baunetz als webseite per se nicht für den tiefen diskurs geeignet aber dieser text liest sich auch beim schnellen überfliegen wie ein werbetext des architekturbüros.
möchte man das projekt nicht ein wenig tiefer beleuchten? um nur einen aspekt zu nennen: die materialität ist durchaus streitbar. traditionelles mauerwerk und industriefassade? sowas wirkte schon vor 10 jahren bei wulf architekten in der schillerhalle dettingen ästhetisch sehr befremdlich.