Vielleicht lässt sich an versteckt gelegenen Wirtschaftsgebäuden am besten erkennen, wie ernst es eine Stadt mit der Baukultur meint. Bei Museen und Bibliotheken bemühen sich natürlich alle um ordentliche Auswahlverfahren, gute Architekt*innen und vorzeigbare Qualität. Aber bei Betriebshöfen irgendwo am Stadtrand? Hier fallen Stuttgart und das ortsansässige Büro
asp Architekten schon zum zweiten Mal positiv auf. Nach dem
Betriebshof Vogelsang, den BauNetz im Februar 2021 vorgestellt hat, überzeugt nun der Betriebshof Deckerstraße mit einer klugen räumlichen Konzeption und gut kombinierten industriellen Materialien.
Das Gelände befindet sich am Rande eines Wohngebiets im Stadtbezirk Bad Cannstatt nordöstlich des Zentrums, ganz in der Nähe der großen Werksanlagen von Mercedes Benz und der Sportanlagen rund um das Fußballstadion. Hier sollte der bisher vom Tiefbauamt genutzte Standort bei laufendem Betrieb so umgebaut und erweitert werden, dass er künftig auch für die Zwecke des Garten- und Friedhofamts genutzt werden kann. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Nachbarbebauung, aber auch die eigenen Arbeitsbereiche für über 70 Mitarbeitende gegen den Lärm der direkt angrenzenden, stark befahrenen S-Bahn-Trasse abzuschirmen. Während ein Neubauteil bereits im Herbst 2020 in Betrieb genommen wurde, stehen der gesamte Umbau des Bestands und die Fertigstellung der Außenanlagen aktuell vor dem Abschluss.
Ihr Konzept beschreiben die Architekt*innen als das einer „benutzbaren Gartenmauer“. Diese funktioniert wie ein Lärmschutzwall, umschließt die verschiedenen Funktionsbereiche, bindet sie in die Topographie des Geländes ein und kann wie ein Regal befüllt werden. Garagen und Werkstätten bilden einen massiven Betonsockel, auf dem leichtere Holzaufbauten mit Sozialräumen, Kantine auf der einen sowie Büros, Archiv und Besprechungsräumen auf der anderen Seite ruhen. Die Rückseite zur Bahn ist weitgehend geschlossen, zum Hof hin zeigt sich die offene „Regalstruktur“ mit Stellplätzen für Nutzfahrzeuge und unterschiedlichsten Lagerflächen. Verantwortlich für die Tragswerksplanung waren wh-p Ingenieure mit Hauptsitz in Stuttgart.
Die Erschließung des Areals erfolgt über eine breite Rampe, die in den zweieinhalb Meter tiefer liegenden Hof hinabführt. Eine daran angelehnte zweite Rampe erschließt die auf dem Dach der Außenlagerflächen angeordneten PKW-Stellplätze. Der Zugang zur Verwaltung ist unter dem Kopf des Riegels entlang der Bahntrasse angeordnet. Bei der Materialwahl und Bauweise wurde auf Nachhaltigkeit geachtet: Der Sockel ist aus Recycling-Beton, die verwendeten Hölzer sind heimischen Ursprungs. Die Bauteile wurden in möglichst roher, unbehandelter Materialität so verbaut, dass sie sauber getrennt und entsorgt beziehungsweise erneut verwendet werden können.
(kv)
Fotos: Zooey Braun
Zum Thema:
Das Baunetz-Themenpaket aus dem Februar 2022 zeigt, dass es auch anderswo sehenswerte Recyclingzentren, Müllsammelstellen und Betriebshöfe gibt, sei es in Paris, Antwerpen oder Deggendorf.
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P3T3R | 10.08.2022 09:01 Uhr______
Innen sehr schön gelöste Raumabfolgen. Die Oberflächen sind wertig und das gesamte Konzept scheint mir schlüssig zu sein.
Aber was bitte ist diese Holzkrone auf der Sichtbetonfläche ?! Das sieht schon wirklich sehr nach greenwashing aus....