Es ist schon eine Weile her, da begeisterte der Beitrag des Bahrain bei der Architekturbiennale in Venedig die Jury. Kuratiert von Noura Al-Sayeh, glänzte das kleine Land 2010 mit einer selbstkritischen Auseinandersetzung bezüglich der anhaltenden Transformation der Inselgruppe. An die Stelle der engen Beziehung zum Meer in Zeiten der Fischerei, des Handels und des Perlentauchens sind auch hier die klimatisierten Hochhaustürme einer Dienstleistungsgesellschaft getreten. Mit ihnen hofft man, eine gewisse Unabhängigkeit vom Öl zu erreichen. Zumindest bei einigen Kulturbauten konnte dieser Trend allerdings gestoppt werden, und dafür ist wiederum Al-Sayeh verantwortlich. Sie leitet heute das Architekturdepartment der Bahrain Authority for Culture and Antiquities. In dieser Funktion hatte sie auch schon das OFFICE Kersten Geers David Van Severen für ein Kulturzentrum in die Altstadt von Muharraq geholt. Nun folgt mit Valerio Olgiati (Flims) ein weiterer Architekt, der mit seiner Arbeit vielschichtig auf die Umgebung einzugehen weiß, anstatt hier einfach nur aufzutrumpfen.
Olgiatis Projekt ist Teil des sogenannten Bahrain Pearling Trail, der – zum UNESCO Weltkulturerbe gehörend – einen Küstenabschnitt, drei Austernbänke, die Festung Qal’at Bu Mahir und 17 historische Gebäude mit Bezug zur Perlenfischerei umfasst. Die rötliche Betonstruktur bildet den Auftakt des Pfads durch Muharraq und beherbergt zugleich auch das zugehörige Museum. Beherbergen ist dabei allerdings ein rein relativer Begriff, denn wie ein fertiges Gebäude wirkt die Architektur gerade eben nicht: Massive Stützen tragen ein schlankes Dach, das wiederum von schlanken Türmen durchbrochen wird. Prismatische Betonelemente begrenzen dabei das Areal, was an den Schutzwall eines Botschaftsgebäudes in einem Krisengebiet denken lässt. Hat man hier eine notdürftig verbarrikadierte Bauruine vor sich? Die schmale Öffnung, die die Besucher empfängt, verstärkt diesen Eindruck noch. Zugleich gelingt es dem Gebäude bei aller Massivität der einzelnen Teile aber auch, wie eine provisorische Schutzarchitektur zu wirken. Und tatsächlich wurden im Inneren auch historische Strukturen integriert, deren Stützen das eigentliche Vorbild für Olgiati und die Projektleiterin Sofia Albrigo gewesen sein könnten.
Im Gegensatz zum robusten Äußeren ist das Innere nämlich als offener und eben auch öffentlicher Raum konzipiert, der dank des schattenspendenden Dachs im heißen Klima Bahrains ohne Kühlung auskommt. Der Stützenwald greift zugleich die Architektur vieler Moscheen auf und lädt in diesem Sinne nicht nur Touristen und Besucher, sondern auch die Bewohner*innen des anschließenden Altstadtviertels zum Aufenthalt ein. Eine Fläche von über 6.500 Quadratmetern wird dabei überdacht, was fast schon einem kleinen Park entspricht. Eingestellt in diesen Raum ist als monolithisches, geradezu archaisch wirkendes Volumen aus dem gleichen leicht rötlichen Beton auch das eigentliche Besucherzentrum. Wiederum gewährt nur eine schmale Öffnung Zugang zu einem Innenraum, der geradezu höhlenartig wirkt – ein Charakteristikum, das in Portugal oder Miami fast schon zu einem Markenzeichen Olgiatis geworden ist. Sein erklärtes Ziel, hier eine abgeschlossene innere Welt entstehen zu lassen, wird in Muharraq aber durch das letztlich luftige Dach gelungen ausbalanciert. (sb)
Fotos: Archive Olgiati
Zum Thema:
www.pearlingpath.bh
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Thomas | 17.04.2019 14:48 Uhrnur noch eine starke Marke
Das Büro produziert eigentlich nur noch begehbare Kunst. Hauptsache es wirkt irgendwie archaisch, radikal und enthält gefärbten Beton sowie den gestanzten Urtyp Haus mit Satteldach wie in einem Kinderspielzeug. Hier wie in Miami ohne regionalen Bezug. Dafür wird halt der Schattenwurf schon als lokale Anpassung verbucht.
Für alle die noch freie Regalfläche und Geld übrig haben wird es sicher wieder ein ausgefeiltes Buch geben. Vielleicht auf Packpapier im A0-Format - das gabs noch nie.
Der Vater hat mehr für den Menschen gebaut.