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19.03.2025
Leuchtturm der Logistikwelt
Besucherzentrum im Rotterdamer Hafen von MVRDV
Heute wird in Rotterdam das neue Hafenmuseum und Besucherzentrum Portlantis eröffnet. Der von MVRDV geplante Bau steht inmitten der 2.000 Hektar großen Hafenerweiterung Maasvlakte 2. Er will die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Rotterdamer Hafen- und Logistikwelt sichtbar machen – und die Hafenarbeiter*innen von morgen anwerben.
Von Wojciech Czaja
Im Prinses Amaliahaven, 500 Meter breit an der weitesten Stelle, wird gerade die Hamburg Express, das Flaggschiff der Reederei Hapag-Lloyd, beladen. Rund 9.000 Container werden vollautomatisch auf das Deck gestapelt – bis zu zwölf Stockwerke hoch! Die Aussicht aus dem eben fertiggestellten Besucherzentrum Portlantis im Rotterdamer Hafen ist enorm. Und wer das Geschehen rund um die bunten Stahlkisten von HMM, Maersk und Yang Ming noch detaillierter beobachten möchte, der kann an einem großen Monitor (der mit einer Kamera auf der Dachterrasse verbunden ist) noch näher an die Schiffe und Anlagen heranzoomen.
„Wenn man ein Museum im Rotterdamer Hafen baut“, sagt Winy Maas, verantwortlicher Partner bei MVRDV für Portlantis, „dann darf man nicht außer Acht lassen, dass das größte und wichtigste Exponat der gesamten Ausstellung der Hafen selbst ist. Also wollten wir in jedem Geschoss eine entsprechende Aussicht einfangen und über ein breites Panoramafenster in den Raum hereinholen.“ Je nach Etage blickt man mal auf die Hafenbecken, mal auf das weite Meer hinaus, mal auf die Dünen mit ihren Dutzenden Windrädern. Eines davon, so Maas, liefert den benötigten Strom für das neue Wahrzeichen, das am heutigen Mittwoch feierlich eröffnet wird.
Landmark am Meer
Portlantis ist 45 Kilometer von der Rotterdamer Innenstadt entfernt, positioniert am fast äußersten, in den letzten 15 Jahren aufgeschütteten Landzipfel der Niederlande. Es versteht sich als eine Art Leuchtturm für die enorme, rund 2.000 Hektar große Hafenerweiterung unter dem Projektnamen Maasvlakte 2, deren erste Phase 2013 abgeschlossen wurde und die seit kurzem voll in Betrieb ist.
Mit 12.600 Hektar Betriebsfläche und einem jährlichen Umschlag von 13,5 Millionen Tonnen ist Rotterdam der mit Abstand größte Seehafen Europas. „Und diese Superlative“, so Boudewijn Siemons, CEO der Port of Rotterdam Authority, „wollen wir feiern, indem wir die Geschichte, Gegenwart und Zukunft beleuchten.“ Nicht zuletzt versteht sich das interaktive, niederschwellige Besucherzentrum als Marketinginstrument und Recruiting-Maschine für die Hafenarbeiter*innen von morgen.
Zurückzuführen ist das Projekt auf ein zweistufiges Bewerbungsverfahren mit anschließendem Wettbewerb unter insgesamt fünf interdisziplinären Büropartnerschaften. Der Sieg ging an MVRDV in Kooperation mit Kossmann.dejong, die für Szenografie und Ausstellungsarchitektur verantwortlich zeichnen. Das Resultat ist eine 29 Meter hohe Landmarke aus fünf gegeneinander verdrehten Kisten, die an der Außenseite mit einem roten Erschließungsband aus Treppen und Podesten fernwirksam miteinander verbunden sind. Innen werden die fünf Etagen von einem polygonalen Luftraum durchbrochen. Hier findet man dreizehn gelb lackierte, irgendwie glücklich machenden Skulpturen, die an hauchdünnen Fäden auf- und abschweben und unterschiedliche Facetten des Hafentreibens inszenieren.
Glänzender Calimero aus rezykliertem Stahl
Bei der Gebäudekonstruktion selbst handelt es sich um einen recht simplen, konstruktiv nicht sonderlich faszinierenden Stahlskelettbau aus Rundstützen und unterschiedlich dimensionierten Flanschträgern wie etwa IPE, HEA und HEB. Die Exotik der Konstruktion liegt eher in den Ressourcenquellen, denn bei rund 40 Prozent der Primär- und Sekundärkonstruktion handelt es sich um rezykliertes Material – genauer gesagt um wiederverwendete Stahlbauteile, die innerhalb des Rotterdamer Hafens bislang anderweitig im Einsatz waren. Sämtliche Elektro- und Haustechnikinstallationen sind an den Decken sichtbar geführt. Durch die monochrome Gestaltung in warmem Grau entsteht nicht nur ein schönes Technik-Mimikry, sondern auch ein ruhiger Hintergrund für die farbenfrohe Szenografie.
Verkleidet ist das Gebäude mit hochdämmenden Sandwichpaneelen aus doppelt beplanktem Aluminium mit innenliegendem Dämmkern. An der Außenseite kam glattes, poliertes Aluminium zum Einsatz, was Portlantis, wenn man sich über die Hafenautobahn annähert, eine surreale Erscheinung wie ein Rendering verleiht. Oder wie Maas es ausdrückt: „Wir sind hier mitten im Hafengebiet, umgeben von Metall, Patina und mächtigen Kränen. Wenn wir dieses Bild nicht abstrahiert hätten, dann wäre das Gebäude wahrscheinlich eine Persiflage geworden. Aber so steht es als etwas teilweise Fremdes da, als etwas Chices in rougher Umgebung, als ein glänzender Calimero inmitten des größten Hafens Europas.“
Die Investitionssumme beläuft sich auf 30 Millionen Euro. Dafür entstanden circa 2.500 Quadratmeter Nutzfläche. Erwartet werden 150.000 Besucher*innen pro Jahr.
Fotos: Ossip van Duivenbode
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Portlantis ist das von MVRDV geplante, neue Besucherzentrum am westlichsten Ende des gigantischen Hafens in Rotterdam.

Das wichtigste Exponat der Ausstellung sei der Hafen selbst, weshalb er über breite Panoramafenster auf allen Geschossen in den Raum hineingeholt werde, erklärt MVRDV-Partner Winy Maas.

Die Ausstellung wendet sich niedrigschwellig an Alt und Jung und wurde vom Amsterdamer Büro Kossmann.dejong gestaltet.

Im Zentrum des Hauses liegt ein hohes Atrium. Hier findet man dreizehn gelb lackierte Objekte, die unterschiedliche Facetten des Hafentreibens inszenieren.
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