Drei Gespräche, drei Projekte und ein Kommentar aus der Redaktion baunetz id stehen stellvertretend für den Wandel und das Neue in Innenarchitektur und Design. Sie handeln von künstlicher Intelligenz, den Orten der Büroarbeit, von Nachhaltigkeit und dem Versuch der ukrainischen Kreativbranche, Normalität im Ausnahmezustand aufrechtzuerhalten.
Echos aus der KI-Welt: Wolfram Putz erforscht digitale Anwendungen auf dem Gebiet der Architektur. Der Gründungspartner von Graft hat früh angefangen, mit KI-Bild-Generatoren zu experimentieren und ist fasziniert, wie rasant sich das Feld entwickelt. „Andere holen sich Anregungen aus Büchern, Zeitschriften oder der Natur, aber wir sehen die KI schon als verteufelt gutes Inspirationswerkzeug“, sagt er im Interview und erzählt, wie Graft KI bereits nutzt und integriert.
Ukrainische Perspektiven: Das Studio Men Bureau wurde von Oleksandr Maruzhenko in Kiew gegründet. Das kleine, multidisziplinäre Team möchte Interieurs im öffentlichen und privaten Bereich stets eine puristische, zeitlose Ästhetik verleihen. Detailverliebtheit, Materialität und „Slow Design“ stehen dabei im Fokus, während gehypte Trends gemieden werden. Im Interview spricht Oleksandr Maruzhenko über die Arbeit unter dauerhaftem Beschuss, den militärischen und metaphorischen Kampf der Ukrainer*innen und eine unermüdliche Lust am Fortschritt.
Alles beim Alten: Bei diesem Restaurant in der spanischen Hauptstadt galt die Devise, dass ein Haus nichts verliert: Der mit dem Interieur beauftragte Gestalter Lucas Muñoz nutzte für die Neugestaltung alle aus dem Bestand rückgebauten Ressourcen – vom Bauschutt bis zum Holzbalken. Aus den vermeintlichen Altwaren sind von Enzo Mari inspirierte Stühle und Tische entstanden, Terrazzo-Bänke und Kronleuchter aus Leuchtstoffröhren. Damit hat Muñoz nicht nur ein zirkuläres Pionierprojekt realisiert, sondern es auch zu seiner persönlichen Werkschau gemacht.
Homeoffice im Wandel: Die Arbeitswelt hat sich verändert. Im Homeoffice erledigen viele Menschen ihre wichtigsten Aufgaben, das Büro wird häufig nur noch zum Austausch oder für kreative Workshops genutzt. Innenarchitekt*innen erzählen, wie diese Entwicklung private Wohnräume verändert – und wie sich das in ihren Gestaltungsprozessen niederschlägt.
Inspirationen statt Emissionen: Als Anbieter temporärer Büros ist The Office Group (TOG) bekannt dafür, moderne Arbeitswelten in historischem Bestand zu entwickeln, sei es im Berliner Kontorhaus oder den Londoner Borough Yards. Der erste Neubau von TOG setzt neue Standards in Sachen Nachhaltigkeit. Das Unternehmen spricht von „einem Meilenstein für die nachhaltige Architektur in Großbritannien“. Waugh Thistleton Architects haben in London eine außergewöhnliche Holzkonstruktion errichtet. In Verbindung mit dem Wohlfühl-Interior von Daytrip ist ein Arbeitsort entstanden, der das Homeoffice überflüssig macht.
Fenster zum Bad: Wer günstig eine Wohnung oder ein Haus kauft, muss damit rechnen, dass die Renovierungskosten die Investition übersteigen. In Barcelona beschritten Mireia Luzárraga und Alejandro Muiño von Studio TAKK einen radikalen Weg, das Budget unter Kontrolle zu halten: Sie haben den Bestand nicht renoviert, sondern einfach neue Räume aus günstigen Materialien hineingestellt – eine progressive Idee für eine energieeffiziente Wohnstruktur. Material und Montage kosteten gerade einmal 10.000 Euro.
Leben im Ommm: Eierschale, Elfenbein, Ecru, Sand und Creme: An schönen Namen fürs hyperneutrale Beige mangelt es nicht. Wohnräume von Calabasas bis Castrop-Rauxel werden neuerdings farbenfrei statt farbenfroh eingerichtet und sind damit die ästhetische Expansion des Yogazimmers. Sie versprechen mit makelloser Monochromie visuelle Ruhe und werden zum Schutzraum vor urbaner Hektik und digitaler Informationsflut.
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