Nachhaltigkeit – was ist das eigentlich? Die einen halten den Neubau mit möglichst positiver Energiebilanz für das Wahre und suchen nach dem Gestaltungspotenzial von WDVS. Die anderen sprechen von „grauer Energie“ und setzen auf Ressourcenschonung durch Substanzerhaltung. Die Politik gibt, trotz Kritik aus der Architektenschaft, immer wieder Ersteren Recht, wie auch der Neubau einer Berufsschule für 280 Schüler in Hockenheim von Roth Architekten (Schwetzingen) zeigt.
Der Bestandsbau der Louise-Otto-Peters-Schule aus den Siebzigerjahren wurde durch einen „konventionellen Massivbau“ aus Stahlbeton mit Klinker- und Natursteinfassade ersetzt, wie die Architekten erklären. Mit 20 Zentimeter starken WDVS, Photovoltaik auf dem Dach und einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist er das erste Modellprojekt im Förderprogramm des Bundesbauministeriums „Bildungsbauten im Effizienzhaus-Plus-Standard“.
Ein nur vierzig Jahre altes Haus durch einen Neubau mit Stützen, Außenwänden und Decken aus Stahlbeton zu ersetzen (auf den Baustoff Beton entfallen laut einem aktuellen Bericht in der FAZ immerhin 5 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes), fällt hier unter den Begriff „Klimaschutz“. Dass nachhaltiges Bauen eben auch ein Wirtschaftsfaktor ist, zeigt nicht zuletzt die Kampagne „Deutschland macht’s effizient“ des Bundeswirtschaftsministeriums, wo zuallererst auf den Industrieverband Hartschaum und zuletzt auf Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen als „Alternative“ bei „besonders hohen ökologischen Ansprüchen“ verwiesen wird. Da kann man sich durchaus über die Ziele der Kampagne wundern.
Klar, die Architektur der Siebzigerjahre ist nicht gerade für ihre Energieeffizienz bekannt. Das energetische Konzept der neuen Schule mutet demgegenüber tatsächlich sehr fortschrittlich an, denn ein Monitoring-System erfasst ständig Daten, um die tatsächliche Performance mit den errechneten Werten abgleichen zu können. Wenn trotz Dreischeibenverglasung mit Sonnenschutzglas und Raffstores sowie einem Wärmerückgewinnungsgrad von 75 Prozent über das Zweikanalsystem der Lüftung noch Bedarf besteht, erfolgt die Heizwärmeversorgung über eine Sole-Wasser-Wärmepumpe. „Diese nutzt einen Eisspeicher, der im Sommer auch über Solar-Luftkollektoren regeneriert wird. Zur Spitzenlastabdeckung besitzt das Gebäude einen Anschluss an das städtische Nahwärmenetz.“, schreiben die Architekten.
Das alles mag Technikfans begeistern, architektonische Innovationen findet man in dem soliden Schulbau jedoch kaum. Ein schönes helles Atrium und ansehnliche Vollholzbänke sind die gestalterischen Höhepunkte des ansonsten konventionellen Baus. Dieses erste „Modellprojekt Effizienzhaus-Plus-Standard“ wirft einmal mehr die Frage auf: Soll das die Zukunft sein? (dd)
Fotos: Dorothea Burkhardt
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Arne | 23.10.2017 08:59 UhrAlso...
...wer war denn für die fürchterliche Farbgestaltung in den WCs verantwortlich?? Mein lieber Schieber...das ist schon grenzwertig.... der Rest ist ordentlich!